Stahlindustrie: IG Metall will Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich

In den anstehenden Tarifverhandlungen in der Metallindustrie stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor schwierigen Gesprächen. Strittig sind dabei vor allem die möglichen Auswirkungen kürzerer Arbeitszeiten auf den Fachkräftemangel.
Hochofen in der Stahlindustrie

© tudioLaMagica / Adobe Stock

Stahlindustrie: IG Metall will Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich

In den anstehenden Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor schwierigen Gesprächen. Strittig sind dabei vor allem die möglichen Auswirkungen kürzerer Arbeitszeiten auf den Fachkräftemangel.

Die IG Metall fordert in den laufenden Tarifverhandlungen für die Stahlindustrie eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Das wäre für viele Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einer Vier-Tage-Woche. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft 8,5 Prozent mehr Lohn.

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Vor allem kürzere Arbeitszeiten bereiten den Arbeitgebern Sorgen

Dabei bereiten den Arbeitgebern offenbar weniger die geforderten Lohnerhöhungen, sondern vor allem die verkürzten Arbeitszeiten Sorgen, denn sie befürchten eine Verschärfung des Fachkräftemangels. Wenn es schon bei den bestehenden Arbeitszeiten schwer ist, genügend Mitarbeiter für die zu leistende Arbeit zu finden, dann verschärfe sich dieses Problem bei kürzeren Arbeitszeiten, so die Befürchtung. Eine aktuelle Studie des Münchener ifo-Instituts scheint den Arbeitgebern Recht zu geben. Vor allem aufgrund des Ausscheidens vieler Beschäftigter geburtenstarker Jahrgänge aus dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren komme es laut Studie zu einer Diskrepanz zwischen offenen Stellen und Bewerbern in verschiedenen Branchen.

Die IG Metall hält dem entgegen, dass die Branche durch die verkürzte Arbeitszeit an Attraktivität und damit mehr Fachkräfte für sich gewinnen könne. Ähnlich argumentiert auch die Lokführergewerkschaft GDL, die in den laufenden Tarifverhandlungen ebenfalls kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich fordert.

Werden zukünftig mehr oder weniger Fachkräfte in der Stahlindustrie benötigt?

Die Stahlbranche steckt derzeit in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Durch die Abkehr von Koks auf Wasserstoff als Energielieferant aufgrund des Klimawandels ergeben sich auch Auswirkungen auf die Beschäftigung. Dabei herrschen bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern unterschiedliche Auffassungen, welcher Art diese Auswirkungen sein werden. Die IG Metall rechnet damit, dass langfristig weniger Arbeit benötigt werde. Der Arbeitgeberverband Stahl sieht das anders und rechnet durch die Umstellung auf „grünen Stahl“ mit einem zusätzlichen Fachkräftebedarf. Durch die Verkürzung der Arbeitszeiten würde den Unternehmen die dafür benötigte Arbeitskraft fehlen. Manche Unternehmen rechnen mit acht bis neun Prozent zusätzlicher Mitarbeiter, die im Falle der von der IG Metall geforderten Arbeitszeitverkürzung eingestellt werden müssten.

Bessere Verhandlungsposition der Arbeitnehmer

Dass die Gewerkschaft derart umfassende und tiefgreifende Forderungen stellen kann, hat einen einfachen Grund: Die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer ist derzeit aufgrund des demografischen Wandels und des herrschenden Fachkräftemangels besser als die der Arbeitgeber. Hinzukommt, dass gerade in der Stahlindustrie kürzere Arbeitszeiten schon weit verbreitet sind, so dass der Schritt nicht so groß wäre wie in anderen Branchen. Nach Zahlen der IG Metall arbeiten bereits heute etwa ein Drittel Beschäftigten weniger als 35 Stunden pro Woche, erhalten dafür aber auch weniger Geld. Aufgrund der zuletzt hohen Inflationsraten ist ein solches Modell für viele allerdings nicht mehr attraktiv.

Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit

Nicht zu vergessen sind mögliche Auswirkungen eines Tarifabschlusses auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Stahlstandort. Bereits heute hat Deutschland im internationalen Vergleich hohe Lohnkosten. Hinzukommen die hohen Energiepreise. Durch einen zu großen Zuschlag bei den Lohnkosten, verursacht durch kürzere Arbeitszeiten bei gleichzeitiger Lohnerhöhung, könnte die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands weiter abnehmen. Das ginge zulasten der Arbeitsplätze in der Branche.

Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen

Zu beobachten ist, dass inzwischen verschiedene Gewerkschaften mit einer steigenden Attraktivität ihrer Branche durch geringere Arbeitszeiten argumentieren. Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, dass die Zahl der verfügbaren Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt endlich ist. Wenn sich die einzelnen Branchen mit immer niedrigeren Arbeitszeiten unterbieten, könnte eine Abwärtsspirale entstehen, an deren Ende sich der Fachkräftemangel sogar verstärkt hat und die Preise deutlich gestiegen sind. Das hätte gravierende Folgen auf die Wirtschaftsleistung und den Wohlstand im Land.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.