Arbeitszeiterfassung für Lehrer in Berlin könnte bald kommen

In Berlin könnte es ab 2026 ein Pilotprojekt zur Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften geben. Laut einem Bericht der TAZ zeigen sich sowohl die Politik als auch die Arbeitnehmerseite offen dafür.
Lehrer erklärt Schüler beim Unterricht

© Daniel / Adobe Stock

Arbeitszeiterfassung für Lehrer in Berlin könnte bald kommen

In Berlin könnte es bald zu einem Pilotprojekt für die Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften kommen. Die Politik und auch die Arbeitnehmerseite zeigen sich offen. Bemerkenswert: Auf den Unterricht entfällt inzwischen weniger als ein Drittel der Arbeitszeit.

Die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat laut einem Bericht der TAZ Offenheit für die Einführung einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte signalisiert. Der Sprecher der Bildungsverwaltung bestätigte erste Gespräche mit der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu diesem Thema.

Die GEW reagierte erfreut auf die Gesprächsbereitschaft, erklärte jedoch auch, dass sie von den Medien davon erfahren habe und nun gespannt auf die Kontaktaufnahme der Senatorin warte. Die Gewerkschaft schlägt ein Pilotprojekt vor, das gemeinsam mit den Personalräten der Schulen ein geeignetes System zur Arbeitszeiterfassung erproben soll, idealerweise ab Februar 2026. Die GEW betont, dass sie bereit sei, sich aktiv an dieser Entwicklung zu beteiligen. Martina Regulin, die Berliner GEW-Vorsitzende, fordert den Senat auf, die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrkräften vollständig zu erfassen und in Zusammenarbeit mit den Personalräten verbindliche Maßnahmen zur Reduzierung der Mehrarbeit zu etablieren. Für die GEW sei es entscheidend, die chronische Überlastung der Lehrkräfte zu beenden, um deren Gesundheit zu schützen, die Bildungsqualität zu sichern und den Lehrerberuf wieder attraktiver zu machen. Die Gewerkschaft kritisiert dabei, dass der Senat die Probleme bislang nur aussitze und dass vorgeschlagene Entlastungsmaßnahmen oft durch Kürzungen in anderen Bereichen wieder zunichte gemacht würden.

Studie zeigt hohe Zahl unbezahlter Überstunden von Lehrern in Berlin

Lehrer in Berlin und auch in anderen deutschen Bundesländern sehen sich einer erheblichen Belastung ausgesetzt, die durch eine Studie der Universität Göttingen zu ihren tatsächlichen Arbeitszeiten ans Licht gebracht wurde. Nach den Erkenntnissen der repräsentativen Studie leisten Lehrkräfte in Berlin jährlich über zwei Millionen Stunden unbezahlte Mehrarbeit. Im Durchschnitt summieren sich für eine einzelne Lehrkraft rund 100 zusätzliche Arbeitsstunden pro Jahr, ein Wert, der weit über dem bundesweiten Mittel von etwa 15 Überstunden pro Erwerbstätigem im Jahr 2024 liegt. Besonders auffällig ist, dass fast ein Drittel der Lehrkräfte regelmäßig die gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche überschreitet. Insgesamt erbringen etwa zwei Drittel der Pädagogen zusätzliche Arbeitsleistung. Um diese Mehrarbeit auszugleichen, würde Berlin laut Studie die Einstellung von über 1.300 weiteren Vollzeitkräften benötigen, zusätzlich zu den bereits bestehenden rund 1.000 unbesetzten Stellen.

Unterricht macht weniger als ein Drittel der Arbeitszeit von Lehrern aus

Die Studie, für die rund 1.200 Lehrer über ein ganzes Schuljahr hinweg ihre Arbeitszeiten minutiös mit einer speziellen App erfassten, zeigt deutlich, wo die Überstunden anfallen. Während der reine Unterricht nur etwa 31 Prozent der Arbeitszeit ausmacht, entfallen 32 Prozent auf die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie auf Korrekturen. Ein signifikanter Anstieg ist bei den „sonstigen Aufgaben“ zu beobachten, die mittlerweile 30 Prozent der Arbeitszeit einnehmen – im Vergleich zu nur 16 Prozent in den 1960er Jahren. Dazu gehören Gespräche, Organisation, Konferenzen, Weiterbildungen und die Planung von Ausflügen. Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass die Digitalisierung, entgegen der Erwartung, kaum zur Entlastung beiträgt, sondern oft neue Schwierigkeiten schafft.

Lehrkräfte fühlen sich überdies in einer „Gratifikationskrise“, da sie ihre Arbeit aufgrund der hohen Belastung nicht optimal ausführen können und wenig Wertschätzung erfahren, was sie anfälliger für Burnout macht. Die Reduzierung der reinen Arbeitszeit allein werde nicht ausreichen; eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sei unerlässlich.

Bundesländer in der Defensive

Angesichts der anhaltenden und zunehmenden Forderungen nach Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte geraten die Bundesländer immer stärker in die Defensive. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2022 ist die Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer vorgeschrieben. Zu ihnen gehören auch Lehrer. Rechtsgrundlage ist das Arbeitsschutzgesetz.

Dennoch verschleppen die Bundesländer die Einführung der Zeiterfassung und berufen sich auf die ausstehende Änderung am Arbeitszeitgesetz, in dem die Details zur Arbeitszeiterfassung geregelt werden sollen. Die Bundesregierung hat das Thema Arbeitszeiterfassung in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen und plant eine unbürokratische Lösung. Doch auch ohne eine Gesetzesänderung besteht die Pflicht bereits.

Urteile in jüngster Zeit wie beispielsweise des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das einem pensionierten Schulleiter eine Vergütung für geleistete Überstunden zugesprochen hatte, unterstreichen das.

Bremen plant ebenfalls ein Pilotprojekt zur Arbeitszeiterfassung von Lehrern. Dieses soll mit dem Schuljahr 2026/2027 beginnen.

Zusammenfassung

In Berlin könnte es ab 2026 ein Pilotprojekt zur Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften geben. Laut einem Bericht der TAZ zeigen sich sowohl die Politik als auch die Arbeitnehmerseite offen dafür. Es wäre eines der ersten Projekte dieser Art in Deutschland.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.