Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung bei Dienstreisen

Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung bei Dienstreisen Dienstreisen zählen unter bestimmten Umständen als Arbeitszeit....
Dienstreise: Zug am Bahnsteig

© Sina Ettmer / Adobe Stock

Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung bei Dienstreisen

Dienstreisen zählen unter bestimmten Umständen als Arbeitszeit. Das ist wichtig im Zusammenhang mit der Einhaltung gesetzlicher Arbeits- und Ruhezeiten. Dementsprechend müssen auch Dienstreisen bei der Arbeitszeiterfassung berücksichtigt werden.

Die Frage, ob Dienstreisen zur Arbeitszeit gehören oder nicht, hat in der Vergangenheit zu verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geführt. Das liegt daran, dass es in der Frage viel Interpretationsspielraum gibt. Daher ist eine zuverlässige Arbeitszeiterfassung auf Dienstreisen besonders wichtig.

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Beanspruchungstheorie zur Bewertung von Dienstreisen

Aber wann zählen Dienstreisen als Arbeitszeit und wann nicht? Die sogenannte Beanspruchungstheorie besagt, dass Reisezeit nur dann als Arbeitszeit gilt, wenn der Mitarbeiter während dieser Zeit entsprechend tätig ist.

Um dies zu beurteilen, werden sowohl mögliche Anweisungen des Vorgesetzten zur Nutzung der Zeit als auch die Wahl des Verkehrsmittels herangezogen. Dabei wird betrachtet, ob der Arbeitnehmer ein Transportmittel steuern muss wie zum Beispiel ein Auto, oder ob er im Zug oder im Flugzeug sitzt und die Zeit nach Belieben nutzen kann.

Legt der Mitarbeiter seine Dienstreise beispielsweise mit dem Zug zurück, und trägt ihm sein Arbeitgeber auf, in dieser Zeit zu arbeiten und beispielsweise eine Besprechung vor- oder nachzubereiten, handelt es sich um Arbeitszeit.

Doch selbst dann, wenn ein Mitarbeiter mit der Bahn reist und während der Fahrt frei über seine Zeit verfügen kann, kann dies als Arbeitszeit gewertet werden. Das zeigt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg. Es hatte entschieden, dass Bahnfahrten eines Mitarbeiters zum Abholen zu überführender Autos als Arbeitszeit gelten.

Dienstreisen und die Regeln zur Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten

Wie Dienstreisen zu bewerten sind, ist auch mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit wichtig. So darf die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Zwar ist eine Ausweitung auf bis zu zehn Stunden pro Tag möglich, doch darf die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit innerhalb von 24 Wochen oder sechs Monaten acht Stunden nicht überschreiten. Auch die gesetzlichen Ruhezeiten müssen beachten werden: Zwischen zwei Arbeitstagen muss eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden liegen.

Dienstreisen dürfen nicht zur Verletzung dieser Vorgaben führen. Daher ist es wichtig zu unterscheiden, ob Reisetätigkeit als Arbeitszeit oder als Ruhezeit zu werten ist.

Reist ein Mitarbeiter beispielsweise mit dem Zug oder der Bahn und kann die Reisezeit nach Belieben nutzen, so zählt dies in der Regel als Ruhezeit. Wichtig: Hat der Mitarbeiter die Wahl, welches Verkehrsmittel er verwenden möchte, und entscheidet er sich für das Auto, so zählt auch hier die Fahrtzeit als Ruhezeit, obwohl der Mitarbeiter das Auto steuern muss und damit beansprucht wird.

Das bedeutet: Fährt zum Beispiel ein Mitarbeiter mit dem Auto zu einem Kunden und zurück, so gilt das selbst dann als Ruhezeit, wenn der Mitarbeiter die ganze Nacht unterwegs ist. Er dürfte dann – eine Zeitspanne von mindestens elf Stunden seit der letzten Arbeitsverrichtung vorausgesetzt – nach seinem Ankommen am Arbeitsort gleich wieder eingesetzt werden, ohne dass dies gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen würde.

Dienstreisen außerhalb der regulären Arbeitszeit

In der Frage, wie Dienstreisen außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu werten sind, hat das Bundesarbeitsgericht im Oktober 2018 ein wichtiges Urteil gefällt (5 AZR 553/17). Demnach ist Reisezeit auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit vergütungspflichtig, sofern es keine widersprechenden Vereinbarungen gibt.

War es früher noch so, dass Arbeitnehmer für ihre Reisetätigkeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeiten keinen Anspruch auf Vergütung hatten, wenn es keine separate Vereinbarung oder ausnahmsweise Vergütungserwartung gab, hat sich dies mit dem genannten Urteil des Bundesarbeitsgerichts umgekehrt. Jetzt stellt sich die Situation so dar: Der Arbeitnehmer darf solange eine Vergütung seiner Dienstreisetätigkeiten erwarten, wie von den Parteien nichts Gegenteiliges vereinbart wurde.

Im genannten Urteil gingt es um einen Mitarbeiter, der von seinem Arbeitgeber auf eine Dienstreise nach China gesandt wurde. Der Mitarbeiter verlangte von seinem Arbeitgeber die Vergütung der gesamten vier Tage, die er zwischen seiner Wohnung und dem auswärtigen Arbeitsort unterwegs war. Der Arbeitgeber wollte jedoch nur die arbeitsvertraglich vereinbarten acht Stunden pro Tag bezahlen. Es gab keine gesonderte Vereinbarung zur Vergütung von Dienstreisen.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Mitarbeiter im Grunde Recht und entschied, dass die Reisezeit vollständig zu vergüten ist. Begründet wurde das damit, dass es sich bei der Reise des Mitarbeiters um eine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB gehandelt habe.

Ist der Mitarbeiter auf seiner Reise also fremdnützig im Interesse des Auftraggebers tätig und erfüllt damit seine Hauptleistungspflicht, ist die Dienstreise grundsätzlich zu vergüten. Eine solche Situation ist zum Beispiel bei Außendienstmitarbeiten gegeben. Für sie gelten sowohl die Fahrt von zu Hause zum ersten Kunden, die Fahrten zwischen den Kunden, und die Fahrt vom letzten Kunden zurück nach Hause als Arbeitszeit. Das ist dann der Fall, wenn der Außendienstmitarbeiter keinen festen Arbeitsplatz in den Räumen seines Arbeitgebers hat.

Was genau zählt als Dienstreise?

Der Begriff der Dienstreise ist in §2 Bundesreisekostengesetz geregelt. Demnach ist eine Dienstreise eine Reise zur Erledigung von Dienstgeschäften an einem anderen als dem regelmäßigen Arbeitsort. Dienstreisen müssen demnach, sofern sie nicht an den Dienst- oder Wohnort führen, schriftlich oder elektronisch angeordnet oder genehmigt worden sein, es sei denn, dass dies aufgrund der Stellung oder der Art des Dienstgeschäfts nicht in Frage kommt. Somit gelten zum Beispiel diese Anlässe als Dienstreise:

  • Kundenbesuch in einer anderen Stadt
  • Besuch einer Messe in einem Nachbarland
  • Tätigkeit in einer weiter entfernten Unternehmensfiliale

Dabei ist nicht jeder Weg zu einem Kunden, Lieferanten oder Geschäftspartner eine Dienstreise. Besucht man zum Beispiel einen Kunden, der in derselben Stadt ansässig und in wenigen Minuten zu erreichen ist, handelt es sich um einen sogenannten Dienstgang.

Auch der Arbeitsweg ist keine Dienstreise. Die Fahrt von zu Hause ins Büro, auch wenn die Fahrt mehrere Stunden dauert, wird also nicht vergütet.

Manchmal ist übrigens auch von Geschäftsreisen die Rede. Inhaltlich unterscheiden sich Dienstreise und Geschäftsreise nicht. Allerdings ist der Sprachgebrauch je nach Beschäftigungssegment unterschiedlich. Während man im öffentlichen Dienst meist von Dienstreisen spricht, kommt in der Wirtschaft auch häufig der Begriff der Geschäftsreise zur Anwendung.

Welche Tools eignen sich am besten für die Arbeitszeiterfassung auf Dienstreisen?

Wer sich auf Dienstreise befindet, arbeitet von unterwegs und bewegt sich zwischen verschiedenen Orten hin und her. Daher sind stationäre Zeiterfassungssysteme wie elektronische Stechuhren nicht geeignet. Optimal sind dagegen mobile Zeiterfassungssysteme. Diese gibt es zum Beispiel als App. Auch die Online-Zeiterfassung per Browser eignet sich sehr gut für Arbeitnehmer auf Dienstreisen. Damit ist die Zeiterfassung mit verschiedenen Endgeräten möglich – sei es das Handy, das Tablet oder das Geschäftsnotebook.

Doch auch ohne solche Tools können Mitarbeiter auf Dienstreisen ihre Arbeitszeiten erfassen. Im einfachsten Fall nutzen sie dazu einfach einen Stundenzettel oder ein passendes Excel-Dokument. Dabei ist zu beachten, dass im Zuge der Gesetzesnovelle für das Arbeitszeitgesetz die elektronische Form der Zeiterfassung sehr wahrscheinlich verbindlich werden wird. Handgeschriebene Stundenzettel wären dann in den meisten Fällen nicht mehr zulässig.

Fazit

In vielen Fällen gelten Dienstreisen als Arbeitszeit. Das ist dann der Fall, wenn es keine anders lautenden Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt und wenn die Reisetätigkeit zur Erfüllung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Mitarbeiters erfolgt. Um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden, sollten sich die beteiligten Parteien am besten vor dem Antritt auf einer Dienstreise verständigen.

Zur eindeutigen Dokumentation der Arbeitszeiten auf Dienstreisen sollten passende Tools verwendet werden. Dazu eignen sich am besten mobile Zeiterfassungssysteme wie zum Beispiel Apps auf dem Smartphone.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.