Zeiterfassung in der Zahnarztpraxis: ein praktischer Leitfaden 

Die Zeiterfassung bietet Inhabern von Zahnarztpraxen verschiedene Vorteile: Sie erfüllen damit rechtliche Vorgaben, sorgen für Transparenz und schaffen außerdem Möglichkeiten, die Abläufe in der Praxis zu optimieren.
Zahnarztpraxis: Zahnarzt zeigt Patientin Röntgenbild

© RomanR / Adobe Stock

Zeiterfassung in der Zahnarztpraxis: ein praktischer Leitfaden

Die systematische Arbeitszeiterfassung ist auch für Zahnarztpraxen eine gesetzliche Pflicht und ein strategisches Instrument für eine moderne Praxisführung. Jüngste Grundsatzurteile haben eine neue rechtliche Realität geschaffen, die von Praxisinhabern sofortiges und informiertes Handeln erfordert. Viele Praxisinhaber sehen darin zunächst nur einen weiteren bürokratischen Aufwand. Dieser Leitfaden zeigt jedoch, dass die Zeiterfassung weit mehr ist als die Erfüllung einer Vorschrift.

TL;DR: die wichtigsten Infos zusammengefasst

  • Aufgrund von Gerichtsurteilen ist die lückenlose Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit inklusive aller Pausen für alle Angestellten in Zahnarztpraxen ab sofort gesetzlich verpflichtend.
  • Das größte Risiko bei fehlender Erfassung sind nicht Bußgelder, sondern die Beweislastumkehr bei Überstundenklagen, was zu erheblichen Lohnnachzahlungen führen kann.
  • Obwohl manuelle Listen noch erlaubt sind, werden digitale, manipulationssichere Systeme dringend empfohlen, da sie die richterliche Anforderung an ein „objektives und verlässliches“ System erfüllen.
  • Die Verantwortung für die Einrichtung und Kontrolle eines funktionierenden Systems liegt immer beim Praxisinhaber, auch wenn die tägliche Erfassung an die Mitarbeiter delegiert wird.
  • Eine korrekt umgesetzte Zeiterfassung schafft Rechtssicherheit, fördert Transparenz sowie Fairness im Team und schützt die Mitarbeiter vor Überlastung.

Der tägliche Betrieb einer Zahnarztpraxis ist geprägt von vielen unterschiedlichen Tätigkeiten. Termine müssen organisiert, Patienten behandelt und die Behandlungsräume sauber gehalten werden.

Die geleistete Arbeitszeit der verschiedenen Beschäftigten muss laut Gesetz lückenlos erfasst werden. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt in Deutschland für alle Angestellten. Das schließt auch das Personal in Zahnarztpraxen ein.

Rechtliche Grundlagen

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich aus einer Reihe von juristischen Entscheidungen auf europäischer und nationaler Ebene, die die Spielregeln für alle Arbeitgeber in Deutschland fundamental verändert haben.

Am 14. Mai 2019 urteilte der EuGH (Rs. 55/18 CCOO), dass die Mitgliedstaaten der EU ihre Arbeitgeber verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zur Messung der täglich geleisteten Arbeitszeit einzurichten. Das primäre Ziel dieser Vorgabe war der Schutz der Arbeitnehmerrechte, insbesondere die effektive Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeits- und Ruhezeiten, die ohne eine genaue Messung nicht überprüfbar wäre.

Für Deutschland folgte der entscheidende Schritt am 13. September 2022 mit einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (Az. 1 ABR 22/21). Das BAG stellte klar, dass die Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung in Deutschland bereits jetzt und unmittelbar gilt.

Die Richter argumentierten, dass die Einhaltung von Arbeitszeitgrenzen ein wesentlicher Bestandteil des Gesundheitsschutzes der Mitarbeiter ist. Die Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu sorgen, umfasst demnach zwingend auch die Einrichtung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung.

Arbeitgeber und damit auch Praxisinhaber können also nicht auf eine zukünftige Gesetzesänderung warten, sondern müssen umgehend handeln.

Die neue Rechtsgrundlage: § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

Bislang war nach § 16 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) lediglich die Aufzeichnung von Arbeitszeit, die über acht Stunden werktäglich hinausgeht, sowie die gesamte Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen explizit vorgeschrieben. Diese Regelung ist nach der neuen Rechtsprechung unzureichend. Die allumfassende Pflicht zur Erfassung der gesamten Arbeitszeit – also Beginn, Ende und die exakte Dauer inklusive aller Pausen – leitet sich nun unmittelbar aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz ab.

Für den Praxisalltag bedeutet das, dass jede Arbeitsminute von der Rüstzeit am Morgen (z.B. Hochfahren der Computer) bis zum Aufräumen der Behandlungsräume am Abend lückenlos dokumentiert werden muss. Pauschale Angaben wie „8 Stunden gearbeitet“ sind damit unzulässig und rechtlich nicht haltbar.

Konsequenzen bei Verstößen: mehr als nur Bußgelder

Die Risiken bei einer Missachtung der Zeiterfassungspflicht sind vielfältig und gehen weit über mögliche Bußgelder hinaus.

Ein direkter Verstoß gegen die allgemeine Organisationspflicht aus § 3 ArbSchG ist zunächst nicht mit einem Bußgeld belegt. Ein solches von bis zu 30.000 € droht erst dann, wenn eine zuständige Aufsichtsbehörde wie das Gewerbeaufsichtsamt die Einführung eines Zeiterfassungssystems förmlich anordnet und die Praxis dieser Anordnung nicht nachkommt.

Das gravierendste Risiko liegt jedoch im Zivilrecht, speziell bei Streitigkeiten über unbezahlte Überstunden. Normalerweise liegt die Beweislast für geleistete Überstunden beim Arbeitnehmer. Der Praxisinhaber kann aber ohne eigene, systemkonforme Daten den Forderungen kaum etwas entgegensetzen und riskiert, teure Lohnnachzahlungen leisten zu müssen; nicht weil die Überstunden zwingend geleistet wurden, sondern weil das gesetzlich geforderte Instrument zum Beweis fehlt.

Rechtslage Kompakt
  • Pflicht:Systematische und lückenlose Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aller Angestellten, einschließlich der exakten Pausenzeiten
  • Grundlage: § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) in europarechtskonformer Auslegung.
  • Gültigkeit: Ab sofort und ohne Übergangsfristen. Ein Warten auf ein neues Gesetz ist nicht zulässig

Vorteile: Warum sich Zeiterfassung für Zahnarztpraxen lohnt

Ein passendes Zeiterfassungssystem schützt die Praxis wirksam vor Bußgeldern, Lohnnachzahlungsklagen und Auseinandersetzungen mit den Aufsichtsbehörden.

Eine genaue und für alle nachvollziehbare Erfassung von Arbeits- und Pausenzeiten sowie von Überstunden schafft zudem eine gerechte Grundlage für die Gehaltsabrechnung. Das stärkt das Vertrauen im Team, beugt Missverständnissen und Konflikten vor und fördert ein positives Betriebsklima.

Die systematische Kontrolle stellt gleichzeitig sicher, dass gesetzliche Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden. Dies schützt die Mitarbeiter aktiv vor Überlastung und trägt zur langfristigen Erhaltung ihrer Gesundheit und Arbeitskraft bei.

Die gewonnenen Daten ermöglichen eine bessere und bedarfsgerechte Personaleinsatzplanung. Ineffizienzen in den Praxisabläufen können identifiziert und gezielt optimiert werden, was zu reibungsloseren Prozessen und einer besseren Patientenerfahrung führen kann.

Die Zeiterfassung liefert eine valide Datengrundlage für die Praxiskalkulation. Sie hilft, den tatsächlichen Personalaufwand für bestimmte Behandlungen oder administrative Prozesse zu ermitteln und die Wirtschaftlichkeit der Praxis besser zu steuern.

Methoden und Systeme: Die passende Lösung für Ihre Praxis finden

Die Gerichte schreiben vor, dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, lassen aber Spielraum beim Wie. Praxisinhaber müssen eine Methode wählen, die nicht nur gesetzeskonform, sondern auch praktikabel und zukunftssicher ist.

Grundsätzlich sind verschiedene Formen der Zeiterfassung denkbar, die sich jedoch in Effizienz, Sicherheit und Rechtskonformität erheblich unterscheiden.

  • Manuelle Erfassung (Stundenzettel): Diese Methode hat die geringsten Anschaffungskosten und erfordert keine technischen Kenntnisse. Die Nachteile sind jedoch gravierend: ein hoher administrativer Aufwand für die Personalverwaltung, eine hohe Fehleranfälligkeit bei der Eingabe und Auswertung, leichte Manipulierbarkeit und ein unpraktischer Prozess für die gesetzlich geforderte zweijährige Archivierung.
  • Excel-Tabellen: Die Kosten sind gering, sofern eine Office-Lizenz bereits vorhanden ist. Wie der Stundenzettel ist aber auch Excel anfällig für Manipulationen und Eingabefehler. Es gibt keine automatisierten Kontrollen, und die Einhaltung der Datenschutzvorgaben ist schwer sicherzustellen.
  • Stationäre Terminals (Digitale Stechuhr): Diese Systeme bieten eine hohe Fälschungssicherheit und eine einfache Bedienung per Chip, Karte oder PIN-Code. Sie sind jedoch mit Anschaffungskosten für Hard- und Software verbunden und rein ortsgebunden. Dies macht sie unflexibel, falls Mitarbeiter administrative Aufgaben (z.B. Abrechnung, Praxismanagement) im Home-Office erledigen.
  • Digitale Software (Cloud/App): Dies ist die modernste, flexibelste und zukunftssicherste Methode. Zeiterfassungssoftware wie Papershift ermöglicht die mobile Erfassung per Smartphone, automatisiert die Berechnung von Arbeits- und Pausenzeiten, verwaltet Überstundenkonten und bietet oft Zusatzfunktionen wie Urlaubs- und Schichtplanung. Entscheidend sind Schnittstellen zu Lohnbuchhaltungsprogrammen (z.B. DATEV), die den Verwaltungsaufwand drastisch reduzieren.

Obwohl manuelle Methoden wie Stundenzettel oder Excel-Tabellen aktuell rechtlich noch nicht explizit verboten sind, stehen sie im Widerspruch zur richterlichen Forderung nach einem objektiven, verlässlichen und zugänglichen System.

Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung vorgeben wird. So ist es im Gesetzesentwurf der letzten Bundesregierung vorgesehen.

Auswahlkriterien für Praxisinhaber

Die Wahl des richtigen Systems hängt von den individuellen Gegebenheiten der Praxis ab.

Eine kleine Praxis mit weniger als 10 Mitarbeitern hat andere Anforderungen als eine große Gemeinschaftspraxis oder ein MVZ. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht Übergangslösungen für kleine und mittlere Unternehmen vor, jedoch keine Ausnahme von der Erfassungspflicht an sich.

Das System muss die in der Praxis gelebten Modelle flexibel abbilden können, sei es Vollzeit, verschiedene Teilzeitvarianten, Minijobs oder Gleitzeitregelungen.

Cloud-basierte Lösungen sind vorteilhaft, weil sie keine eigenen Server in der Praxis erfordern und die Wartung vom Anbieter übernommen wird. Die Kosten werden meist pro Mitarbeiter und Monat berechnet, was eine gute Planbarkeit ermöglicht.

Praxisinhaber sollten überlegen, ob nur die reine Zeiterfassung benötigt wird oder ob integrierte Module für Urlaubs- und Schichtplanung den Praxisablauf vereinfachen könnten. Eine Schnittstelle zum Lohnbuchhaltungssystem des Steuerberaters (in Deutschland sehr häufig DATEV) ist ein entscheidendes Kriterium zur Effizienzsteigerung.

Der Softwareanbieter muss einen Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) zur Verfügung stellen und idealerweise garantieren, dass die Daten auf Servern innerhalb der EU gespeichert werden.

Besondere Anforderungen in der Zahnarztpraxis

Die allgemeinen Regeln zur Zeiterfassung müssen auf den spezifischen Praxisalltag angewendet werden. Hierbei entstehen oft Fragen in Grauzonen, die klar definiert werden müssen.

Was ist Arbeitszeit? Die Grauzonen im Praxisalltag

Die erfasste Arbeitszeit beginnt mit der Aufnahme der Arbeit und endet mit deren Beendigung. Dazu zählen auch Tätigkeiten, die nicht direkt am Patienten stattfinden.

  • Rüstzeiten: Das morgendliche Hochfahren der Praxiscomputer, die Aktivierung der Telefonanlage, das Vorbereiten der Behandlungseinheiten und das Anlegen der vorgeschriebenen Schutzkleidung sind notwendige Tätigkeiten zur Arbeitsaufnahme und zählen somit als Arbeitszeit.
  • Teambesprechungen: Tägliche Morgenbesprechungen vor dem offiziellen Sprechstundenbeginn zur Koordination des Tagesablaufs sind ebenfalls Arbeitszeit.
  • Interne Fortbildungen: Vom Praxisinhaber angeordnete Schulungen, beispielsweise zu neuen Hygienestandards, einer neuen Praxissoftware oder dem Umgang mit dem Röntgengerät, sind Arbeitszeit.
  • Dienstgänge: Während der Weg von der Wohnung zur Praxis und zurück grundsätzlich keine Arbeitszeit ist, zählen Dienstgänge während des Arbeitstages – etwa der Gang zum zahntechnischen Labor oder zur Apotheke – als Arbeitszeit.
  • Bereitschaftsdienst vs. Rufbereitschaft: Sollte eine Praxis Bereitschaftsdienste anbieten, bei denen sich Mitarbeiter in der Praxis aufhalten müssen, um bei Bedarf sofort einsatzbereit zu sein, so ist diese Zeit vollständig als Arbeitszeit zu werten. Bei einer reinen Rufbereitschaft, bei der nur die telefonische Erreichbarkeit sichergestellt sein muss, zählt erst der tatsächliche Arbeitseinsatz (inklusive der An- und Abfahrt) als Arbeitszeit.

Arbeitszeitmodelle und Sonderfälle in der Praxis

Die Zeiterfassungspflicht gilt für alle Angestellten, wobei für bestimmte Gruppen Besonderheiten zu beachten sind.

  • Teilzeit und Minijobs: Die Pflicht zur lückenlosen Erfassung gilt uneingeschränkt. Gerade bei Minijobbern ist die genaue Dokumentation essenziell, um ein unbeabsichtigtes Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze zu vermeiden und Nachforderungen der Sozialversicherungsträger auszuschließen.
  • Auszubildende (ZFA): Für jugendliche Auszubildende gelten die strengeren Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) bezüglich Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten. Die Unterrichtszeit in der Berufsschule inklusive der Pausen ist auf die wöchentliche Arbeitszeit anzurechnen.
  • Angestellte Zahnärzte: Sie fallen in der Regel wie alle anderen Arbeitnehmer unter das Arbeitszeitgesetz und die damit verbundene Erfassungspflicht. Eine Ausnahme besteht nur für leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, die zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Personal berechtigt sind. Diese Konstellation ist in einer durchschnittlichen Zahnarztpraxis äußerst selten.
  • Überstunden: Jede über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Minute muss erfasst werden. Eine pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt ist rechtlich nur sehr eingeschränkt, in der Regel nur bei Besserverdienern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, wirksam möglich. Für andere Mitarbeiter ist eine klare Regelung im Arbeitsvertrag empfehlenswert, die beispielsweise festlegt, dass eine bestimmte geringe Anzahl von Überstunden (z.B. bis zu 10 pro Monat) mit dem Gehalt abgegolten ist.

Praxisbeispiel: Ein typischer Praxistag im Zeiterfassungssystem

  • Zahnmedizinische Verwaltungsassistentin (ZMV): Kommt um 7:30 Uhr, stempelt ein (Rüstzeit: PC hochfahren, Telefonanlage aktivieren). Macht von 12:30 bis 13:00 Uhr Mittagspause (stempelt aus und wieder ein). Geht um 16:00 Uhr (stempelt aus).
  • Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA): Kommt um 7:45 Uhr, stempelt ein (Rüstzeit: Behandlungszimmer vorbereiten). Die Teambesprechung von 7:50 bis 8:00 Uhr ist erfasste Arbeitszeit. Macht von 13:00 bis 13:45 Uhr Mittagspause. Bleibt abends bis 17:15 Uhr, um Instrumente für den nächsten Tag aufzubereiten, was 15 Minuten Überstunden ergibt. Stempelt um 17:15 Uhr aus.
  • Praxisinhaber/in: Kommt um 8:00 Uhr. Für sich selbst muss er/sie keine Zeit erfassen, ist aber für die korrekte Erfassung aller Angestellten verantwortlich.

Datenschutz: der sichere Umgang mit sensiblen Zeitdaten

Arbeitszeitdaten sind personenbezogene Daten und unterliegen den strengen Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Ein sorgfältiger Umgang mit den Daten ist daher unerlässlich.

DSGVO-Hinweis für die Praxis
    • Keine Einwilligung nötig: Sie sind gesetzlich zur Zeiterfassung verpflichtet und benötigen daher keine separate Einwilligung Ihrer Mitarbeiter.30
    • Informationspflicht erfüllen: Sie müssen Ihr Team gemäß Art. 13 DSGVO transparent darüber informieren, welche Daten zu welchem Zweck und wie lange gespeichert werden. Dies kann durch eine interne Richtlinie oder eine Anlage zum Arbeitsvertrag erfolgen.
    • Vorsicht bei Biometrie: Die Nutzung von Fingerabdruck-Scannern zur Zeiterfassung ist datenschutzrechtlich sehr heikel, da biometrische Daten besonders geschützt sind. Sie erfordert eine explizite, freiwillige Einwilligung und ist in der Regel nicht zu empfehlen. Einfachere und sicherere Methoden sind PIN-Codes, Chipkarten oder App-basierte Systeme.

Vorteile: Warum sich Zeiterfassung für Zahnarztpraxen lohnt

Ein passendes Zeiterfassungssystem schützt die Praxis wirksam vor Bußgeldern, Lohnnachzahlungsklagen und Auseinandersetzungen mit den Aufsichtsbehörden.

Eine genaue und für alle nachvollziehbare Erfassung von Arbeits- und Pausenzeiten sowie von Überstunden schafft zudem eine gerechte Grundlage für die Gehaltsabrechnung. Das stärkt das Vertrauen im Team, beugt Missverständnissen und Konflikten vor und fördert ein positives Betriebsklima.

Die systematische Kontrolle stellt gleichzeitig sicher, dass gesetzliche Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden. Dies schützt die Mitarbeiter aktiv vor Überlastung und trägt zur langfristigen Erhaltung ihrer Gesundheit und Arbeitskraft bei.

Die gewonnenen Daten ermöglichen eine bessere und bedarfsgerechte Personaleinsatzplanung. Ineffizienzen in den Praxisabläufen können identifiziert und gezielt optimiert werden, was zu reibungsloseren Prozessen und einer besseren Patientenerfahrung führen kann.

Die Zeiterfassung liefert eine valide Datengrundlage für die Praxiskalkulation. Sie hilft, den tatsächlichen Personalaufwand für bestimmte Behandlungen oder administrative Prozesse zu ermitteln und die Wirtschaftlichkeit der Praxis besser zu steuern.

Schritt-für-Schritt: Die Zeiterfassung erfolgreich in Ihrer Praxis einführen

Eine strukturierte Vorgehensweise ist der Schlüssel zu einer reibungslosen und erfolgreichen Einführung eines neuen Zeiterfassungssystems. Dazu bietet sich ein Vorgehen in mehreren Phasen an.

Phase 1: Analyse & Planung (Woche 1)

  1. Ziele definieren: Legen Sie fest, was Sie erreichen wollen: reine Gesetzeskonformität, mehr Effizienz in der Abrechnung, bessere Schichtplanung?
  2. Anforderungen festlegen: Nutzen Sie die genannten Kriterien zur Auswahl des passenden Zeiterfassungssystems, um ein detailliertes Anforderungsprofil zu erstellen (Praxisgröße, Arbeitszeitmodelle, Schnittstellen etc.).
  3. Budget definieren: Kalkulieren Sie sowohl mögliche einmalige Anschaffungskosten (für Hardware) als auch laufende monatliche Lizenzgebühren.
  4. Verantwortlichen benennen: Bestimmen Sie eine Person im Team (z.B. die Praxismanagerin oder eine erfahrene ZMV), die das Projekt leitet.

Phase 2: Systemauswahl & Einrichtung (Woche 2-3)

  1. Anbieter recherchieren: Vergleichen Sie verschiedene Anbieter anhand Ihres Anforderungsprofils.
  2. Testphasen nutzen: Wählen Sie 2-3 Favoriten aus und nutzen Sie deren kostenlose Testphasen, um die Software im Praxisalltag zu erproben.
  3. Entscheidung treffen: Wählen Sie das System, das am besten zu Ihrer Praxis passt. Schließen Sie den Vertrag und den zwingend erforderlichen Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) ab.
  4. System konfigurieren: Richten Sie das System grundlegend ein. Legen Sie alle Mitarbeiter an und hinterlegen Sie deren individuelle Arbeitszeitmodelle und Soll-Stunden.

Phase 3: Regeln & Kommunikation (Woche 4)

  1. Richtlinien erstellen: Definieren Sie klare und schriftliche Regeln für den Umgang mit dem System. Was passiert bei vergessenen Buchungen? Wie und von wem werden Überstunden genehmigt? Wie werden Pausen erfasst?
  2. Team informieren: Setzen Sie ein Team-Meeting an. Kommunizieren Sie offen und transparent über die Hintergründe (gesetzliche Pflicht), die Wahl des Systems und vor allem über die Vorteile für das gesamte Team. Betonen Sie den Aspekt des Arbeitnehmerschutzes und der Fairness, um Bedenken vor „Überwachung“ von vornherein zu entkräften.

Phase 4: Schulung & Testlauf (Woche 5)

  1. Mitarbeiter schulen: Führen Sie eine praktische Schulung für alle Mitarbeiter durch. Zeigen Sie genau, wie das Ein- und Ausstempeln sowie die Pausenbuchung funktionieren. Stellen Sie eine kurze, schriftliche Anleitung zur Verfügung.
  2. Pilotphase starten: Führen Sie für eine Woche einen Testlauf durch, bei dem idealerweise das alte und das neue System parallel laufen. Sammeln Sie aktiv Feedback, identifizieren Sie Fehlerquellen und klären Sie offene Fragen.

Phase 5: Offizieller Start & Optimierung (Ab Woche 6)

  1. Go-Live: Kommunizieren Sie den offiziellen Starttermin, ab dem nur noch das neue System verwendet wird.
  2. Plausibilitätsprüfungen: Überprüfen Sie in den ersten Wochen regelmäßig die erfassten Daten auf Korrektheit und Vollständigkeit, um die korrekte Nutzung sicherzustellen.
  3. Feedback einholen: Fragen Sie nach ein bis zwei Monaten erneut nach den Erfahrungen des Teams und passen Sie bei Bedarf Prozesse oder Systemeinstellungen an.

Checkliste zur Einführung der Zeiterfassung

Diese Checkliste fasst die wichtigsten Schritte für die praktische Umsetzung zusammen und kann als Projektplan dienen.

 Planung & Analyse

  •  Ziele und Anforderungen an das System sind definiert.
  •  Budget (einmalig/laufend) ist festgelegt.
  •  Ein Projektverantwortlicher im Team ist benannt.

Auswahl & Vertrag

  •  Mindestens zwei Anbieter wurden verglichen und getestet.
  •  Finale Entscheidung ist getroffen.
  •  Vertrag und Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) sind geprüft und unterzeichnet.

 Regeln & Kommunikation

  •  Eine interne Richtlinie (Umgang mit Pausen, Überstunden, Korrekturen) ist erstellt.
  •  Das gesamte Praxisteam wurde transparent über das Warum, Was und Wie informiert.

 Technische Einrichtung

  •  Das System ist grundlegend konfiguriert (Arbeitszeitmodelle, Soll-Stunden).
  •  Alle Mitarbeiter sind mit Benutzerkonten angelegt.

 Schulung & Test

  •  Alle Mitarbeiter wurden praktisch im neuen System geschult.
  •  Schriftliche Kurzanleitungen wurden verteilt.
  •  Eine einwöchige Pilotphase wurde durchgeführt und das Feedback ausgewertet.

Offizieller Start

  •  Der offizielle Starttermin wurde klar an alle kommuniziert.
  •  Regelmäßige Kontrollen der Daten in der Anfangsphase sind geplant.

FAQs: Die 5 wichtigsten Fragen für Praxisinhaber

Muss ich die Arbeitszeit wirklich ab der ersten Minute erfassen?

Ja, die Rechtsprechung verlangt die Erfassung der gesamten, tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Dies schließt auch vorbereitende Tätigkeiten (Rüstzeiten) wie das Hochfahren des PCs oder die Vorbereitung eines Behandlungsraums mit ein.

Ist Vertrauensarbeitszeit jetzt komplett verboten?

Nein, Vertrauensarbeitszeit als Kultur der flexiblen Arbeitsgestaltung ist weiterhin möglich. Die Pflicht zur Aufzeichnung der geleisteten Stunden besteht jedoch trotzdem, um die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeits- und Ruhezeiten nachweisen zu können.

Kann ich die Aufgabe der Zeiterfassung komplett an meine Mitarbeiter delegieren?

Ja, die tägliche Durchführung der Erfassung kann und sollte an die Mitarbeiter delegiert werden. Die rechtliche Gesamtverantwortung für die Einrichtung eines funktionierenden Systems und die stichprobenartige Kontrolle der korrekten Nutzung verbleibt jedoch immer bei Ihnen als Arbeitgeber.

Reicht eine einfache Excel-Tabelle aus?

Obwohl die Form der Erfassung nicht streng vorgeschrieben ist, erfüllt eine Excel-Tabelle kaum die richterlichen Anforderungen an ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System. Sie ist manipulationsanfällig, fehlerhaft und administrativ aufwändig, weshalb Experten dringend zu professionellen digitalen Lösungen raten.

Was passiert, wenn ein Mitarbeiter vergisst, sich ein- oder auszustempeln?

Definieren Sie einen klaren, internen Prozess für nachträgliche Korrekturen, der nachvollziehbar dokumentiert wird. Moderne digitale Systeme bieten hierfür in der Regel eine Funktion, bei der Mitarbeiter eine Korrektur beantragen können, die von der Praxisleitung geprüft und freigegeben werden muss.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.