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Griechenland plant als erstes EU-Land die Einführung eines 13-Stunden-Tages
Griechenland beabsichtigt, als erstes Land innerhalb der Europäischen Union einen flexiblen 13-Stunden-Tag einzuführen. Der entsprechende Gesetzentwurf wird voraussichtlich im September vorgestellt. Aktuell ist in Griechenland wie in Deutschland auch ein Acht-Stunden-Tag die Norm, jedoch wurde bereits im letzten Jahr die Möglichkeit einer Sechs-Tage-Woche geschaffen.
Die griechische Arbeitsministerin Niki Kerameus wirbt für das Modell. Sie betont, dass es sich um eine Möglichkeit handele und nicht um eine Verpflichtung. Mitarbeiter müssten dem Modell zustimmen. Ein Ziel sei, dass Arbeitnehmer keinen zweiten Job mehr benötigen. Das normale Gehalt vieler Griechen reicht aufgrund der Nachwirkungen der Finanzkrise der 2010er-Jahre oft nicht aus, um die Lebenskosten zu decken. Zudem sind allein in der Tourismusbranche in Griechenland etwa 80.000 Stellen unbesetzt. Insbesondere fehlen Köche, Kellner, Empfangspersonal, Reinigungskräfte, Rettungsschwimmer und Nachtportiers. Viele Beschäftigte verließen während oder nach der Corona-Krise die Branche. Gründe sind die bestehenden Arbeitsbedingungen, bessere Alternativen oder der Wunsch nach geregelten Arbeitszeiten.
Ministerin Kerameus erklärte auch, dass die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt und Schwarzarbeit reduziert würden.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmer höchstens an 37 Tagen im Jahr 13 Stunden am Stück arbeiten dürfen. Die 40-Stunden-Woche bleibt die Regel. Überstunden sollen mit einem Zuschlag von 40 Prozent besser vergütet werden.
Gewerkschaften äußern Kritik. Der Gewerkschafter Christos Goulas bezweifelt die Produktivität von 13-Stunden-Tagen, insbesondere bei Bürojobs. Er kritisiert, dass die Regierung die Gewerkschaften nicht in den Prozess einbezogen habe und befürchtet eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Goulas argumentiert, dass in Zeiten von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung die Optimierung der Arbeitsqualität im Vordergrund stehen sollte, anstatt zu traditionellen langen Arbeitszeiten zurückzukehren.
Trotz der Kritik gilt eine Verabschiedung des Gesetzentwurfs als wahrscheinlich, weil die Regierung über eine Mehrheit im Parlament verfügt.
Laut Zahlen der OECD lag Griechenland bei der Zahl der Arbeitsstunden pro Jahr 2023 auf dem weltweit fünften Rang. Durchschnittlich 1.893 Stunden leistete jeder Arbeitnehmer über das Jahr. Nur in Kolumbien, Mexiko, Costa Rica und Chile wurde länger gearbeitet. Auf dem letzten Rang landete Deutschland mit 1.335 Stunden.