Niedrige Arbeitszeit in Deutschland: IW führt das auch auf Fehlanreize zurück

Warum wird in Deutschland im internationalen Vergleich so kurz gearbeitet? Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) führt das auf Fehlanreize zurück, die auch zu einer hohen Teilzeitquote im Land führen.
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Niedrige Arbeitszeit in Deutschland: IW führt das auch auf Fehlanreize zurück

Im Durchschnitt wird in Deutschland kürzer gearbeitet als in den meisten anderen Ländern. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) führt das auch auf Fehlanreize wie die Rente mit 63 zurück.

In der Debatte um die Arbeitszeiten in Deutschland hat sich das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zu Wort gemeldet. Eine IW-Auswertung der OECD-Daten habe ergeben, dass die durchschnittliche Jahresarbeitszeit eines Deutschen im Erwerbsalter zwischen 15 und 64 Jahren im Jahr 2023 1.036 Stunden betragen habe. In Griechenland seien es 1.172 Stunden, in Polen 1.304 Stunden gewesen. Beim Spitzenreiter Neuseeland bringen es die Menschen auf durchschnittlich 1.400 Stunden pro Jahr.

Das IW weist darauf hin, dass nach dem bisherigen Höchststand im Jahr 2024 die Zahl der Erwerbstätigen sinke und sich dies angesichts von 20 Millionen Babyboomern, die bis 2036 in Rente gehen würden, fortsetzen werde. Dementsprechend werde die Summe der gearbeiteten Stunden in Deutschland zurückgehen.

Dagegen sei es verschiedenen Staaten in Europa gelungen, die Arbeitszeit zu erhöhen. Genannt wird Spanien mit einem Anstieg um 15 Prozent seit 2013. In Griechenland seien es 21 Prozent und in Polen 23 Prozent gewesen.

Einen Grund für die stagnierenden Arbeitszeiten in Deutschland sieht das IW in Fehlanreizen wie der Rente mit 63 oder dem steilen Steuertarif bei mittleren Einkommen. Letzterer sei ein Grund für die im internationalen Vergleich hohe Teilzeitquote in Deutschland. Sie liegt laut IW bei 30 Prozent. In anderen Ländern wie Italien (18 Prozent) oder Polen (sechs Prozent) liege die Teilzeitquote deutlich darunter.

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Nicht nur die genannten Gründe dürften zu den in Deutschland vergleichsweise kurzen Arbeitszeiten beitragen, sondern auch fehlende Betreuungsangebote für Kinder und der Pflegenotstand, der dazu führt, dass viele Menschen, meist Frauen, sich selbst um die Pflege ihrer Angehörigen kümmern.

Eine pauschale Ausweitung der Arbeitszeiten ist allerdings ohnehin nicht sinnvoll, denn viele Menschen stoßen bereits an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und leisten viele, teils unbezahlte Überstunden. Andere würden dagegen gerne länger arbeiten, können das aber nicht, weil sie zum Beispiel aufgrund gesetzlicher oder arbeitsvertraglicher Vorgaben daran gehindert werden. Viele Arbeitsverträge enthalten zum Beispiel die Regelung, dass das Arbeitsverhältnis beim Erreichen des Renteneintrittsalters endet, ohne dass es eine Möglichkeit gibt, die Tätigkeit darüber hinaus zu verlängern.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.