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Inhalt
- Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Das ist der aktuelle Stand
- Gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung schon?
- Wann kommt das neue Gesetz zur Arbeitszeiterfassung?
- Wird Vertrauensarbeitszeit weiter möglich sein?
- Kommt die Stechuhr zurück?
- Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: gleiche Regeln für alle?
- Sind bereits Bußgelder bei Verstößen gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu befürchten?
- Fazit
Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Das ist der aktuelle Stand
Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung warten Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland auf ein entsprechendes Gesetz. Doch schon jetzt ist klar: Die Arbeitszeiten müssen grundsätzlich erfasst werden.
Im September 2022 hatte das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil zur Arbeitszeiterfassung für Aufsehen gesorgt. Demnach sind Unternehmen in Deutschland grundsätzlich dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten zu erfassen.
Das Urteil warf jedoch einige Fragen auf, die bis heute unbeantwortet sind:
- Gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für alle Tätigkeiten und alle Beschäftigungsverhältnisse?
- Ab wann muss die Arbeitszeit erfasst werden?
- Sind Bußgelder zu befürchten, wenn die Arbeitszeiten nicht erfasst werden?
- Welche Systeme zur Zeiterfassung sind zulässig?
- Ist Vertrauensarbeitszeit weiter möglich?
Gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung schon?
Vor dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022 galt der Grundsatz: Nur Überstunden sowie Arbeitszeiten an Sonntagen und Feiertagen müssen erfasst werden. Zudem gab es Vorgaben für bestimmte Branchen wie zum Beispiel die Gastronomie oder das Baugewerbe, in denen ebenfalls die Arbeitszeiten generell erfasst werden mussten.
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Mit dem Urteil des BAG hat sich dies geändert. Seither gilt die Annahme, dass die Arbeitszeiten generell zu erfassen sind – unabhängig von der Branche. Und das, obwohl es noch immer kein neues Gesetz gibt, das die Arbeitszeiterfassung regelt. Die Präsidentin des BAG, Inken Gallner, hat im Februar dieses Jahres noch einmal bestätigt, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland bereits jetzt besteht, und zwar unabhängig von der geplanten Gesetzesänderung.
Grundlage dafür ist Paragraph 3 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Dieses verpflichtet Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, welche die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Paragraph 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG sieht vor, dass Unternehmen zu diesem Zweck für eine geeignete Organisation zu sorgen und die entsprechenden Mittel bereitzustellen haben.
Nach Feststellung des BAG umfasst das auch die Verpflichtung der Arbeitgeber, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen, mit dem der Beginn, das Ende und die gesamte Dauer der Arbeitszeiten einschließlich Überstunden erfasst werden können.
Wann kommt das neue Gesetz zur Arbeitszeiterfassung?
Noch immer warten Unternehmen und Arbeitnehmer auf die Vorlage für ein neues Arbeitszeitgesetz. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte das Gesetz für das laufende Frühjahr angekündigt. Bisher ist aber noch nichts Konkretes von der Bundesregierung zu hören gewesen.
Immerhin ließ das Bundesarbeitsministerium verlauten, es solle einen „praxistauglichen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz“ geben. Das Gesetz solle demnach „den Lebenswirklichkeiten entsprechen“. Dabei soll zusätzliche Bürokratie vermieden werden. Gleichzeitig soll die Flexibilität der Beschäftigten gewahrt bleiben.
Wird Vertrauensarbeitszeit weiter möglich sein?
Derzeit ist davon auszugehen, dass auch mit Einführung des neuen Gesetzes zur Arbeitszeiterfassung Vertrauensarbeitszeitmodelle weiterhin möglich sein werden. Das ist vor allem für solche Tätigkeiten wichtig, bei denen sich die Mitarbeiter ihre Arbeit selbst einteilen können und die nicht nach starren Vorgaben oder festen Dienstplänen ablaufen.
Wichtig ist das auch für Arbeitnehmer, die unterwegs oder im Homeoffice tätig sind. Doch selbst für diejenigen von ihnen, die ihre Arbeitszeiten erfassen müssen, gibt es passende Lösungen, mit denen die Arbeitszeiten zum Beispiel per App oder per Browser eingetragen werden können.
Klar ist jedoch, dass Arbeitgeber das Einhalten der täglichen Höchstarbeitszeit sowie der Pausen und Ruhezeiten kontrollieren müssen. Es kann also durchaus zu Änderungen bei der Ausgestaltung der Vertrauensarbeitszeit kommen.
Kommt die Stechuhr zurück?
Die vor allem unter Arbeitgebern weit verbreitete Sorge, dass die klassische Stechuhr zurückkehren könnte, ist unbegründet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das neue Arbeitszeitgesetz Regelungen enthalten wird, die für ein hohes Maß an Flexibilität sorgen sollen. Dabei ist stets zu beachten, dass Sinn und Zweck des neuen Gesetzes die Wahrung der Gesundheit der Arbeitnehmer ist.
Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: gleiche Regeln für alle?
Im neuen Arbeitszeitgesetz wird es sehr wahrscheinlich eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Tätigkeiten sowie zwischen unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen geben. So werden vermutlich Führungskräfte und Geschäftsführer von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausgenommen sein. Das dürfte auch für Mitarbeiter gelten, deren Einkommen eine bestimmte Grenze überschreitet. Dazu könnte die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung von derzeit 7.300 Euro pro Monat in den alten Bundesländern bzw. 7.100 Euro pro Monat in den neuen Bundesländern herangezogen werden.
Derzeit sind bereits leitende Angestellte gemäß Paragraph 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz von der Arbeitszeiterfassung ausgenommen. Dabei handelt es sich vor allem um Führungskräfte, die zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt sind oder über eine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura verfügen.
Dafür, dass es vermutlich Ausnahmen geben wird, sprechen verschiedene Anzeichen. So hat das BAG zum Beispiel selbst festgestellt, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nicht für Richter gilt. Ausnahmen werden zudem für die Wissenschaft und vergleichbare Tätigkeiten gefordert, die ein hohes Maß an Selbstorganisation mit sich bringen. Auch aus Teilen der Politik und aus der Wirtschaft kommen Forderungen nach Ausnahmeregelungen und nach möglichst viel Flexibilität bei der Arbeitszeiterfassung.
Sind bereits Bußgelder bei Verstößen gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu befürchten?
Zunächst einmal genügt es nicht, wenn Arbeitgeber ein System zur Zeiterfassung anbieten. Sie müssen auch dafür sorgen, dass die Mitarbeiter das System nutzen und ihre tatsächlichen Arbeitszeiten eintragen. Bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung sind die Unternehmen jedoch keinen detaillierten Forderungen unterworfen. Es muss sich lediglich um ein objektives, verlässliches und zugängliches System handeln. Damit soll sichergestellt werden, dass die Arbeitszeiten korrekt erfasst werden und gegen Manipulationen geschützt sind. Mitarbeiter müssen Einblick in die von ihnen erfassten Arbeitszeiten erhalten.
Eine unmittelbare Gefahr von Bußgeldern wegen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung besteht für Unternehmen derzeit wohl nicht. Dies aus dem Grund, dass sich die Verpflichtung aus Paragraph 3 des Arbeitsschutzgesetzes ableitet, während ein Verstoß gemäß Paragraph 25 des Arbeitsschutzgesetzes jedoch nicht mit der Verhängung eines Bußgeldes bewährt ist.
Sollte ein Arbeitgeber jedoch von der zuständigen Arbeitsschutzbehörde gemäß Paragraph 22 Abs. 3 Ziffer 1 des Arbeitsschutzgesetzes dazu aufgefordert werden, seiner Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung nachzukommen, kann bei einem Verstoß ein Bußgeld in Höhe von maximal 30.000 Euro verhängt werden.
Eine Geldbuße ist außerdem möglich, wenn aufgrund der Aufzeichnungspflicht Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz dokumentiert und bewiesen werden.
Dies alles gilt so lange, bis das neue Arbeitszeitgesetz verabschiedet wurde und in Kraft getreten ist. Sehr wahrscheinlich wird das Gesetz neue Regelungen zu Bußgeldern bei Verstößen gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung vorsehen.
Fazit
Bis das neue Arbeitszeitgesetz vorliegt, werden einige Fragen zur Arbeitszeiterfassung offenbleiben. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Bundesregierung zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt und damit für Sicherheit bei Unternehmen und Mitarbeitern sorgt.