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Zeiterfassung für Lehrer: Brandenburg und Saarland spielen auf Zeit
In der Diskussion um die Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte haben das Saarland und Brandenburg ihre ablehnende Haltung bekräftigt. Das Saarland möchte eine Ausnahme für Lehrer erreichen.
Nach wie vor gibt es kaum Bewegung in der festgefahrenen Frage, ob und wann die Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte verbindlich eingeführt wird. Obwohl diese nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2019 und des Bundesarbeitsgerichts 2022 auch für Lehrer verpflichtend wäre, blockieren die Bundesländer eine Lösung. Dabei wird von ihnen immer wieder die einheitliche Haltung der Kultusministerkonferenz genannt, die es zu beachten gelte. Diese hatte eine Ausnahmeregelung für Lehrkräfte und Wissenschaftler gefordert, was allerdings vom damaligen Bundesarbeitsministerium unter Hubertus Heil (SPD) abgelehnt wurde.
Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass nach den genannten Urteilen kaum ein Zweifel über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Lehrer besteht, selbst für beamtete Lehrkräfte. Der Grund: Der europäische Begriff des Arbeitnehmers bezieht auch Beamte mit ein. Und: Das Arbeitsschutzgesetz, welches das Bundesarbeitsgericht als Grundlage für seine Entscheidung nannte, gilt ebenso für Beamte. Das ist im Paragraph 2 Abs. 2 ArbSchG geregelt.
All das scheint die Kultusminister in Deutschland nicht zu interessieren. So heißt es laut einem Bericht des Saarländischen Rundfunks zum Beispiel aus dem Kultusministerium im Saarland, man wolle eine Ausnahmeregelung für Lehrkräfte erreichen:
“Der Lehrerberuf weist besondere Anforderungen und Arbeitszeitstrukturen auf, die sich von anderen Berufsgruppen unterscheiden. Wir unterstützen die gemeinsame Linie der Kultusministerkonferenz (KMK), wonach für Lehrkräfte eine Ausnahmeregelung bei der geplanten verpflichtenden elektronischen Arbeitszeiterfassung angestrebt wird.”
Ähnliche Töne sind aus Brandenburg zu vernehmen. Einen Sonderweg und eine Arbeitszeiterfassung für den außerunterrichtlichen Bereich lehne man ab.
Allerdings gibt es mit Bremen und Berlin auch zwei Bundesländer, die aus der Phalanx des Widerstands zumindest ein wenig ausscheren. In Bremen beispielsweise soll es ab dem kommenden Jahr ein Pilotprojekt geben, in dem die Arbeitszeiterfassung von Lehrern an ausgewählten Schulen erfasst wird. Auch das Berliner Kultusministerium hatte sich zuletzt offen für ein solches Projekt gezeigt.
Viele Lehrer leisten regelmäßig unbezahlte Überstunden und Mehrarbeit. So ergab zum Beispiel eine Analyse der gewerkschaftsnahen Friedrich-Ebert-Stiftung, dass die Mehrzahl der Lehrkräfte seit Jahren länger arbeitet, als dies gemäß Arbeitszeitgesetz und tariflicher Vereinbarungen zulässig wäre. Besonders belastete Lehrkräfte arbeiten demnach regelmäßig länger als 48 Stunden pro Woche.
Die aktuelle Bundesregierung hat zwar im Koalitionsvertrag vereinbart, sich um das Thema Arbeitszeiterfassung zu kümmern; Details sind aber bis auf den Wunsch nach einer unbürokratischen Lösung und Übergangsregelungen für kleine und mittlere Unternehmen nicht zu finden. Man hat ohnehin den Eindruck, dass die Bundesregierung gerade mit anderen arbeits- und sozialrechtlichen Themen wie der Finanzierung der Sozialversicherungen mehr als ausgelastet ist.
Hinzu kommt das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern. Letztere verantworten die Bildungspolitik und werden wohl bei den künftigen Regelungen im Arbeitszeitgesetz für Lehrkräfte ein Wort mitreden wollen.
Betroffenen bleibt so erst einmal nur der Weg vor die Gerichte, den schon einige Lehrkräfte und Organisationen gewählt haben, und das auch mit Erfolg: So hatte ein pensionierter Lehrer in Niedersachsen nachträglich vor Gericht eine Vergütung für seine zuvor geleisteten Überstunden zugesprochen bekommen.