Nachhaltigkeit im Einzelhandel – Ein Viertel der Deutschen findet das wichtig

Viele Arbeitsweisen aus dem Einzelhandel stehen im Gegensatz zu einem nachhaltigen Wirtschaften. Gerade jüngere Menschen wünschen sich jedoch, dass Unternehmen im Einzelhandel mehr Verantwortung übernehmen.
  • Autor: Niklas Perius
  • Aktualisiert am: November 4, 2022
  • 7 Minuten

© georgerudy / Adobe Stock

Nachhaltigkeit im Einzelhandel – Ein Viertel der Deutschen findet das wichtig

Die meisten Menschen kennen es aus eigener Erfahrung: In Plastik verpackte Bio-Produkte oder fragliche Qualität bei Kleidung. Wie passt das zur Nachhaltigkeit? Immer mehr Kunden sind verärgert darüber und wünschen sich vom Einzelhandel mehr Umweltschutz. Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov hat die Zielgruppe, für die Nachhaltigkeit im Einzelhandel zu den wichtigsten Themen zählt, nun genauer analysiert.

Studie: Verbraucher, die Nachhaltigkeit im Einzelhandel schätzen, geben gerne mehr aus

Befragt man die Gesamtbevölkerung in Deutschland, halten 25 Prozent das Thema Nachhaltigkeit im Einzelhandel für wichtig. Das ist nicht die Mehrheit, aber eine signifikante Gruppe. YouGov hat exakt diese Verbraucher nun genauer unter die Lupe genommen. In der Zielgruppenanalyse mit dem Titel „Nachhaltigkeit im Einzelhandel“ zeigt sich, dass es sich um eine besonders lukrative Zielgruppe handelt.

77 Prozent der Befragten gaben demnach an, keine Probleme damit zu haben, für nachhaltige Produkte etwas mehr Geld auszugeben. In der Gesamtbevölkerung stimmten dieser Aussage nur 61 Prozent zu.

Interessant ist, dass vor allem Frauen dem Thema Nachhaltigkeit im Einzelhandel einen hohen Stellenwert zuschreiben. Sie machen 56 Prozent dieser Zielgruppe aus. Konkret sind jüngere Frauen im Alter von 18 bis 24 Jahren überrepräsentiert (14 Prozent der Zielgruppe, aber nur neun Prozent der Gesamtbevölkerung).

Nachhaltige Kleidung und Slow-Fashion

41 Prozent der Zielgruppe gab an, beim Kauf von Textilien gezielt nach nachhaltigen Marken zu suchen. In der Gesamtbevölkerung schauen nur 28 Prozent so genau hin.

24 Prozent der Zielgruppe haben vor, sich vom konventionellen Fashion-Markt, der derzeit von sogenannter Fast-Fashion-Mode dominiert wird, hin zur Slow-Fashion zu orientieren. Slow-Fashion ist der Gegenentwurf zur Fast-Fashion à la H&M oder Zara. Die nachhaltige Kleidung ist entsprechend teurer. In der Gesamtbevölkerung gaben nur 15 Prozent an, sich für das Thema Slow-Fashion zu interessieren.

Lebensmittel und Produkte des Alltags

Wenn es um den Bereich Lebensmittel geht, spielen für die analysierte Zielgruppe Gütesiegel eine bedeutende Rolle. 54 Prozent gaben an, auf das Bio-Siegel zu achten, während 51 Prozent nach dem Fairtrade-Siegel schauen.

Für die täglichen Besorgungen nutzt die Zielgruppe bevorzugt die Unternehmen DM und Alnatura. 52 Prozent der Zielgruppe sind Kunden bei DM, während es in der Gesamtbevölkerung nur 46 Prozent sind. Der Einzelhändler Alnatura wird von 18 Prozent der Zielgruppe besucht. Unter der Gesamtbevölkerung frequentieren nur 11 Prozent diesen Laden.

Gebrauchtes und Generalüberholtes

Für die analysierten Konsumenten müssen Produkte nicht immer neu sein. Auch Gebrauchtes und Generalüberholtes hat für sie Appeal. 33 Prozent der Zielgruppe leisten ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit, indem sie qualitätsgeprüfte Gebrauchtprodukte kaufen. So weit geht die Liebe zur Umwelt in der Gesamtbevölkerung nicht, lediglich 20 Prozent der Kunden aus der Gesamtbevölkerung interessieren sich für Gebrauchtwaren.

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Lektion für den Handel: Nachhaltigkeit als Marketing-Tool nutzen

Händler jeder Branche können von den Ergebnissen der Zielgruppen-Analyse lernen. Nachhaltigkeit lockt eine lukrative Gruppe an, die vorrangig aus ausgabefreudigen Frauen besteht. Vor allem jüngere Frauen sind erst dabei, ihre Konsumgewohnheiten zu erkunden und bieten mit Hinblick auf ihre weiteren Lebensjahre, die sich durch Dinge wie Karriere und Kinder auszeichnen, ein interessantes Potenzial. Gelingt es, diese jungen Frauen an die eigene Marke zu binden, stehen die Chancen gut, dass die Kundin auch als Mutter und Karrierefrau zum vertrauten Einzelhändler zurückkehrt.

Vorsicht vor „Greenwashing“

Während Nachhaltigkeit durchaus als gewinnbringende Strategie anwendbar ist, sollte sie durch Überzeugung ergänzt werden. Andernfalls läuft man Gefahr, sogenanntes „Greenwashing“ zu betreiben. Also, sich aus Profitgründen umweltfreundlicher darzustellen, als man eigentlich ist. Sollte dies auffallen, kann ein unangenehmer Backlash folgen. Für den Einzelhandel heißt es daher: Aus Überzeugung für die Umwelt handeln, indem der Umweltaspekt in die Unternehmenskultur eingewoben wird.

In welchen Bereichen kann der Einzelhandel auf Nachhaltigkeit achten?

Händler können heute bereits in diversen Bereichen auf Nachhaltigkeit achten. Dazu zählen:

  • Einkauf von Ausgangs- und Rohstoffen (etwa mit Gütesiegeln wie Fairtrade, Öko-Tex etc.)
  • Produktionsverfahren (Stichworte: Ressourcenschonung bei Anbau, Aufzucht, Fang oder Herstellung)
  • Transportketten (Stichwort: Co-2-Neutralität beim Transport oder Versand)
  • Verpackung (Stichwort: alternative und biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien)
  • Entsorgung und Recycling
  • Geschäftsführung und Ladeneinrichtung (Stichworte: nachhaltige Ladeneinrichtung, papierloses Büro)

Nicht alle diese Bereiche sind unbedingt für die Kunden direkt sichtbar. Die Kundschaft kann aber über die Bemühungen für die Natur informiert werden. Beispielsweise lassen sich nachhaltige Produkte besonders exponieren, sodass die Kunden etwa alle Waren, die bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, in einem Regal finden. Auch Info-Flyer oder Plakate im Laden, die etwa innovatives Verpackungsmaterial erklären, können eine interessante Art sein, um die Kundenbindung zu stärken.

Engagement für die Umwelt – Verantwortung übernehmen und damit Werbung machen

Händler können viele Schritte in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Dazu zählt, sich alle Bereiche des Geschäfts genauer anzuschauen und dort, wo es sich anbietet, eine Prozessoptimierung anzustoßen. Darüber hinaus ist das Engagement in umweltfreundliche Projekte im In- und Ausland eine interessante Möglichkeit, mit der sich das eigene Image aufwerten lässt.

Ein einfaches Beispiel wäre: „Pro X Euro Einkaufswert pflanzen wir einen Baum.“ Die Unterstützung eines solchen Aufforstung-Projektes kostet den Einzelhändler natürlich etwas, kann sich aber lohnen. Die Teilnahme lässt sich im Laden selbst, wie auch medial bewerben und kann umweltbewusste Kunden anlocken oder binden. Der Lebensmittelhändler Edeka macht dies aufmerksamkeitsstark seit Jahren.

Weitere Möglichkeit, um mit Umweltschutz zu punkten

Es gibt zahlreiche Optionen, die sich in diverse Geschäfte des Einzelhandels integrieren lassen, um der Natur zu helfen und umweltbewusste Kundenkreise anzuziehen. Eine Möglichkeit ist, eine Nachfüllstation aufzubauen. An solchen Stationen können Kunden Dinge wie Shampoo oder Waschmittel nachfüllen.

Eine weitere Idee ist das Aufstellen eines Sammelbehälters fürs Recycling. Je nach Branche können das Druckerpatronen, Textilien oder andere Dinge sein.

Beide Optionen locken die Kundschaft ins Geschäft und bieten die Chance, zusätzlich andere Waren zu verkaufen.

Tipps für Verbraucher: Wie kann man nachhaltig einkaufen?

Den Trend zur Nachhaltigkeit haben einige Einzelhändler bereits für sich entdeckt und es zu ihrem Geschäftskonzept gemacht. Ein Beispiel dafür sind Zero-Waste-Läden, die komplett auf die Umverpackung verzichten. Um dort einzukaufen, bringt man seine eigenen wiederbefüllbaren Behälter mit oder lässt sich zur Not den Einkauf in Papier einpacken.

Wochenmärkte sind eine weitere gute Möglichkeit, um frisches Obst und Gemüse ohne Verpackung und lange Transportwege einzukaufen. Vorausgesetzt, man kauft von lokal ansässigen Bauern.

In der Regel ist auch der Einkauf größerer Mengen nachhaltiger als der Kauf von kleinen Portionen in individuellen Plastikverpackungen, mit denen die Regale der Supermärkte gefüllt sind. Lagerfähige Dinge und Nahrungsmittel wie etwa Reis, Mehl oder Bohnen lassen sich über den Onlinehandel in Großpackungen bestellen. Diese Lebensmittel in großen Verpackungen zu finden ist manchmal auch lokal möglich, erfordert aber meist eine intensivere Suche.

Individuelles Handeln versus institutioneller Wandel

Individuelles Handeln seitens der Verbraucher ist ein wichtiger Impuls. Allein können Kunden das Ruder aber nicht herumreißen. Der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit im Einzelhandel wird nur mit Hilfe von rechtlichen und politischen Entscheidungen funktionieren. Privatpersonen und Unternehmen sollten sich bei ihren lokalen Politikerinnen und Politikern dafür einsetzen, dass Änderungen beschlossen werden. So hat es auch mit den Plastiktüten funktioniert. Ab Anfang 2022 gilt das Verbot für Plastiktüten, was den Plastikmüll reduziert.

Auch für andere Produkte und Verpackungen aus Plastik ist das denkbar. Keine Bange, die Verpackungsindustrie hat längst gute Alternativen entwickelt. Die Hersteller und Beschaffungsquellen bestehen, bisher waren alternative und biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien aufgrund des Rohölpreises meist noch teurer als Neu-Plastik. Durch Krisen und politische Lenkung kann sich das aber ändern.

Fazit

Ein Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland legt besonderen Wert auf Nachhaltigkeit im Einzelhandel. Für umweltfreundlichere Produkte zahlt diese Zielgruppe auch gerne mehr, zeigt die YouGov-Analyse. Unternehmen im Bereich Einzelhandel können viel tun, um das Interesse dieser lukrativen Konsumentengruppe zu gewinnen. Und nebenbei profitiert die Umwelt.

 

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