New Work & Recruiting | Teil 1 – mit Thomas Klein (Head of People @Jodel)

In dieser Ausgabe der Expert Series beschäftigen wir uns mit New Work Recruiting. Wie hat sich das Recruiting durch New Work verändert?
New Work Recruiting - Nur ein Schlagwort oder Realität?

New Work Recruiting – nur ein Schlagwort oder Realität?

Was sind heute die schlagkräftigen Argumente im Recruiting, die die gesuchten Fachkräfte wirklich überzeugen? Noch immer beantworten Unternehmen diese Frage mit einem üppigen Gehaltsangebot – und dem berühmten Obstkorb. Wie sehr das am Ziel vorbeigeht und was Bewerber wirklich erwarten, das berichtet Thomas Klein aus seiner täglichen Arbeit. Gemeinsam mit Tim Lippmann erörtert er, wie sich New Work auch auf das Recruiting auswirkt.

Als Head of People and Organization begleitet Thomas Klein bei The Jodel Venture GmbH eine wichtige Phase: Das Startup wuchs innerhalb kürzester Zeit von rund 30 auf 100 Mitstreiter – und die wollten erst einmal gefunden werden. Angesichts der Veränderungen in der Arbeitswelt, einerseits bedingt durch die Errungenschaften der Digitalisierung, andererseits durch die Notwendigkeiten in der Pandemie, waren und sind nicht nur die HR-Verantwortlichen gefordert: Unternehmen müssen grundsätzlich umdenken und die Recruiting Strategie wie Sales Prozesse entwickeln – um im Wettbewerb um künftige Arbeitnehmer bestehen zu können.

Status Quo im Recruiting: Bewerber gesucht – immer mehr offene Jobs

Die Anzahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen steigt stetig – im Juli 2022 verzeichnete die offizielle Statistik einen Höchststand von mehr als 880.000 vakanten Stellen. HR-Abteilungen haben offenbar große Probleme damit, die geeigneten Arbeitskräfte zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebes zu finden. Für Thomas Klein, der als studierter Wirtschaftspsychologe für die HR-Arbeit in ihrer gesamten Komplexität brennt, ist dies kein Wunder: Nach wie vor bestimmen die Arbeitnehmer in großen Teilen der Wirtschaft das Geschehen am Markt – und Arbeitgeber sind dazu aufgerufen, sich mit einem eigenen und am besten überzeugenden Profil zu präsentieren.

Das Gehalt alleine reicht nämlich längst nicht mehr aus, um die gesuchten Fachkräfte zu einem Wechsel zu motivieren. Auch die Auflistung von Benefits – bis hin zum berühmt-berüchtigten Obstkorb – sind nicht allein zielführend. Vielmehr hängt die Wechselmotivation oft genug davon ab, ob und wie sich Arbeitnehmer in einem Unternehmen weiterentwickeln können. Dieser Anspruch wird keineswegs nur von Spezialisten oder Führungskräften erhoben, sondern auch von Arbeitnehmern, die vergleichsweise einfache Arbeiten ohne Aussicht auf eine Führungsposition verrichten. Sie wollen sich mit dem Unternehmen und dem Produkt identifizieren, um gemeinsam wachsen zu können. Klein betont, dass gerade diese Arbeitnehmer ausgesprochen wertvoll für Unternehmen – und auf der Grundlage eines herkömmlichen Recruiting Prozesses nur schwer zu finden sind.

Neues Verständnis gefragt – Unternehmen in der Pflicht

Die Weiterentwicklungsmöglichkeiten müssen also nicht immer spezieller Natur sein, was Weiterbildungsangebote jedoch nicht überflüssig macht. Wie Klein aus seiner Praxis weiß, wünschen sich vor allem die jungen Talente von einer Arbeitsstelle, dass sie Gestaltungsspielräume ausschöpfen und Entscheidung eigenständig treffen können. Während viele Arbeitnehmer in einem traditionellen Arbeitsumfeld, in dem alles bis hin zur Arbeitszeit streng vorgeschrieben wird, diese Fähigkeit verlernen, wollen sie Lösungen eigenständig entwickeln und zu verantworten: „…und die fordern das ganz stark ein und dann gilt es, da die entsprechenden Strukturen zu schaffen“, betont Klein. Hier müssen sich Unternehmen die Frage beantworten, ob und wie sie diese Talente unterstützen und die Selbstverantwortung fördern können – oder den Wettbewerb um die Talente verlieren.

Hier kommt der – oft genug auf Benefits reduzierte – New Work Ansatz ins Spiel, der im Wesentlichen fünf Aspekte der Arbeit umfasst:

  • Individualität
  • Führung
  • Sinnstiftung
  • Flexibilität und Vergütung
  • Technologie und Digitalisierung

Es geht also um deutlich mehr, selbst die in der Pandemie notgedrungen eingeführten Lösungen in puncto mobiles Arbeiten bzw. Remote Work oder E-Recruiting reichen nicht aus. Es geht um nicht weniger als um die Bereitschaft der Unternehmen, einen Arbeitsplatz nicht losgelöst von den Ansprüchen und Vorstellungen der Arbeitnehmer zu betrachten. Diese wollen in Entscheidungen einbezogen und in ihrer Entwicklung gefördert werden, indem sie beispielsweise Lösungen eigenständig erarbeiten, dabei praxisbezogen lernen und sich auf eine intelligente Fehlerkultur verlassen können. Doch auch der Anspruch, das private Leben mit dem beruflichen besser in Einklang bringen zu können, ist zu berücksichtigen. Hier gilt es, nicht nur aktiv zuzuhören und Bedarfe aufzugreifen, sondern auch die Errungenschaften des technologischen Fortschritts zielführend einzusetzen – und das vor allem auch beim Recruiting.

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New Hiring: Was funktioniert noch – und was nicht?

Ohnehin kann das Thema Recruiting nicht mehr alleine von den HR-Verantwortlichen gestemmt werden, es handelt sich vielmehr um eine der Kernaufgaben des Unternehmens schlechthin: Einerseits ist eine zeitgemäße Employer Branding Strategie gefragt, die das Unternehmen so als attraktiven Arbeitgeber positioniert, dass die gesuchten Arbeitnehmer aufmerksam werden. Dazu ist zunächst herauszuarbeiten, wofür das Unternehmen steht, welche Besonderheiten es verkörpert – also mit welchen USPs es aus der Masse an Arbeitgebern hervorstechen kann. Klein betont, dass die Zusammenarbeit mit den Bereichen Marketing und Sales durchaus sinnvoll ist, denn HR sollte zunehmend als Sales Process verstanden werden: Die begehrten Kunden sind in dem Fall die gesuchten Talente.

Andererseits ist New Hiring gefragt, um die Talente zu finden, die ein zur jeweiligen Unternehmensphase passendes Mindset mitbringen – also die Vision teilen und mittragen können und wollen. Klein betont, wie wenig oberflächliche Maßnahmen zum Ziel führen, beispielsweise:

  • das wahllose Versenden pauschaler Anschreiben über Social Media wie XING oder LinkedIn, um im Active Sourcing auf Masse zu setzen,
  • das aufgesetzt wirkende Übergehen vom Sie zum Du im Unternehmen oder
  • den berühmt-berüchtigten Obstkorb in den Fokus zu stellen.

New Work ist kein Ansatz, der sich mit etwas Kosmetik umsetzen lässt – er ist tiefgreifend und stellt die klassische Arbeitswelt auf den Kopf. Gleichzeitig eröffnet New Work aber spannende Potenziale – und macht New Hiring notwendig.

New Work: Recruiting ist ein Sales Process – wie weit sind Unternehmen aktuell?

Im Prinzip ist die Notwendigkeit, auch und vor allem das Recruiting in Zeiten von New Work sowie eines sich verschärfenden Wettbewerbs neu aufzusetzen, in der Wirtschaft angekommen. Allerdings haben viele Unternehmen noch nicht bis zur letzten Konsequenz verstanden, dass sie sich um Talente bewerben müssen – und nicht mehr zur Personalgewinnung einfach Bewerbungen verwalten können. Nach wie vor glauben viele der HR Verantwortlichen, dass sie nur ihren Job Funnel mit ausreichend Talenten füllen müssen, um jederzeit die vakanten Stellen bedarfsgerecht besetzen zu können. Am besten lagern sie die Talentsuche noch auf einen Dienstleister aus – und genau das ist nicht zielführend: Wie kann ein externer Dienstleister im Detail einschätzen, welche Werte im Unternehmen wichtig sind, welche Vision ein Bewerber teilen sollte und welches Mindset sinnvoll ist?

Vielmehr sollten Unternehmen Ihre Recruiting Strategie und die Prozesse genau prüfen – und so viel wie möglich aus eigener Kraft umsetzen. Hier sind auf den konkreten Bedarf zugeschnittene Lösungen gefragt, um die relevanten Fragen zu beantworten:

  • Welche Qualitäten benötigt ein Bewerber für einen bestimmten Arbeitsplatz?
  • Wo genau sind relevante Fachkräfte zu finden?
  • Wie lassen sich diese am besten ansprechen?

Fazit: War of Talents – aussichtsloser Kampf oder Erfolg auf ganzer Linie?

Fakt ist, bleiben Stellen zu lange unbesetzt ist das ebenso schädlich für Unternehmen, wie faule Kompromisse zu schließen. Umso wichtiger ist es, bei der Personalgewinnung von vornherein auf ein gutes Matching zu achten: Passt ein Bewerber nur leidlich zum Anforderungsprofil, sind Trennung und Neubesetzung vorprogrammiert – das kostet nicht nur Zeit, sondern vor allem auch Geld. Unternehmen müssen also auf sich und ihre USPs aufmerksam machen, aber auch die Qualität des Recruiting Prozesses kritisch beleuchten, um das mit dem New Work Ansatz verbundene Optimierungspotenzial ausschöpfen zu können.

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Verfasst von Sianca Maria Gentner

Mit dem Fokus auf Experteninterviews und News aus der HR-Welt liefert Sianca interessante Einblicke in die Kooperationsarbeit von Papershift.