Gibt es die optimale Arbeitszeit?

35-Stunde-Woche oder Vier-Tage-Woche für alle - oder doch besser wieder mehr arbeiten? Gibt es die optimale Arbeitszeit in Deutschland überhaupt?
Überlange Arbeitszeit

© New Africa / Adobe Stock

Gibt es die optimale Arbeitszeit?

35-Stunde-Woche oder Vier-Tage-Woche für alle – oder doch besser wieder mehr arbeiten? Gibt es die optimale Arbeitszeit in Deutschland überhaupt?

Kaum ein Thema in der Wirtschaft wird derzeit so stark diskutiert wie die Arbeitszeit. In Deutschland, aber auch in anderen Ländern Europas, gibt es dabei verschiedene Ansichten. Während manche auf eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit drängen, etwa in Form einer Vier-Tage-Woche, mahnen andere, Arbeit müsse wieder mehr wertgeschätzt werden, und es brauche eine Ausweitung der Arbeitszeiten, um der deutschen Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen.

Gibt es in der Frage nach der optimalen Arbeitszeit überhaupt die eine, für alle passende Antwort?

Die Bedürfnisse der Mitarbeiter sind individuell verschieden und können sich je nach Lebensphase ändern. Wer zum Beispiel gerade ins Berufsleben eingetreten ist, möchte vielleicht die ersten Schritte auf der Karriereleiter erklimmen und sich auf die Arbeit konzentrieren. Nach der Gründung einer Familie tritt die Arbeit ein wenig in den Hintergrund, begleitet vom Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten.

Dabei dürfen auch die unterschiedlichen Anforderungen je nach Beruf und Branche nicht vergessen werden. Ein Büroarbeitsplatz ist zum Beispiel nur schwer vergleichbar mit einem Job in einem Stahlwerk. Eine generell für alle geltende Arbeitszeit würde auch diesen Unterschieden nicht gerecht.

Selbstbestimmte Arbeitszeit als Lösung

Weil die Anforderungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter unterschiedlich sind, können selbstbestimmte Arbeitszeiten einen gangbaren Weg darstellen. Diejenigen, denen Freizeit wichtiger ist als mehr Einkommen, können dementsprechend kürzer arbeiten. Wer dagegen mehr Geld verdienen möchte, kann seine Arbeitszeiten ausweiten.

Ein solches Modell kommt im jüngsten Tarifabschluss zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL zum Tragen. In diesem Optionsmodell können die Lokführer ihre Arbeitszeit in einer Spanne zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche wählen. Für jede Stunde pro Woche, die über 35 Stunden hinausgeht, gibt es 2,7 Prozent mehr Lohn.

Damit das funktioniert, bedarf es einer sorgfältigen und flexiblen Organisation. Das kann zum Beispiel innerhalb der einzelnen Teams oder Abteilungen stattfinden. Wichtig sind außerdem Tools, die eine flexible Dienstplanung und Zeiterfassung ermöglichen.

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Selbständige Absprachen über die Arbeitszeiten und die Zuständigkeiten schaffen Flexibilität und sorgen für mehr Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen sowie mit der Arbeit.

Verschärfen selbstbestimmte Arbeitszeiten den Fachkräftemangel?

Wenn weniger gearbeitet wird, kann das in kritischen Bereichen, in denen ohnehin bereits zu wenig Personal vorhanden ist, den bestehenden Fachkräftemangel verstärken. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass jeder Mitarbeiter automatisch weniger arbeiten wird, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Bei entsprechender Flexibilisierung wird es sicherlich auch einige Beschäftigte geben, die ihr Arbeitspensum sogar ausweiten werden, um mehr Geld zu verdienen. Dabei sollte es die Möglichkeit geben, innerhalb bestimmter Fristen die Arbeitszeit neu wählen zu können. Damit könnten Mitarbeiter zum Beispiel für ein oder zwei Jahre länger arbeiten, um danach kürzer zu treten, um sich mehr um die Familie zu kümmern.

Flexibilität auch nach oben sinnvoll

Auch für Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit über das normale Pensum hinaus erhöhen möchten, sollte es Lösungen geben. Warum sollte zum Beispiel ein Mitarbeiter nicht auch einmal 12 Stunden pro Tag arbeiten können, wenn er das möchte? Der Schutz der Gesundheit darf natürlich nicht vernachlässigt werden, ebenfalls darf kein Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber unter Druck gesetzt werden – direkt oder indirekt – seine Arbeitszeiten über das normale Maß hinaus zu erhöhen.

Es wäre aber zumindest zu erwägen, ob die geltenden Regelungen mit täglichen Höchstarbeitszeiten nicht zugunsten einer Regelung mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit abgelöst werden sollte, wie es die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Dabei müssen natürlich die täglichen Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden.

Ein Problem dabei ist, dass diese Regelungen für fast alle Beschäftigten gleichermaßen gelten, also sowohl für diejenigen, die schwerste körperliche Tätigkeiten verbringen als auch für andere, deren Arbeit vor allem kognitiver Natur ist. Hier wären flexiblere Lösungen sinnvoll, bei denen die Mitarbeiter die Möglichkeit mehr Spielraum bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitszeiten erhalten, während der Schutz der Gesundheit weiterhin für alle gewahrt bleibt. Wenn zum Beispiel ein Softwareentwickler konzentriert an der Lösung eines Problems arbeitet und kurz vor der Lösung steht, warum sollte er dann gegen seinen Willen seine Arbeit abbrechen, nur weil er seine tägliche Höchstarbeitszeit erreicht hat?

Klar ist aber auch: Wer weniger arbeitet, kann nicht automatisch damit rechnen, weiterhin den vollen Lohn zu erhalten. Meist wird es den Unternehmen nämlich nicht möglich sein, kürzere Arbeitszeiten durch eine entsprechend höhere Produktivität auszugleichen, um den Output zumindest zu halten. Wer sich also für kürzere Arbeitszeiten entscheidet, wird auch mit gewissen Einbußen bei der Bezahlung rechnen müssen. Auch hier kommt es aber auf den Kontext an – zum Beispiel auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

Fazit

Die optimale Arbeitszeit für alle gibt es nicht. Dazu sind die Mitarbeiter, die Unternehmen und die verschiedenen Jobs zu unterschiedlich.

Sinnvoll ist dagegen ein Modell, das eine größtmögliche Flexibilität bietet: nach unten  – aber auch nach oben. Wer länger arbeiten möchte, sollte entsprechend kompensiert werden. Und wer mehr Freizeit möchte, kann nicht erwarten, weiterhin die volle Vergütung zu erhalten.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.