Retention Management und New Work in der Pflege

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist schon heute sehr massiv. In Zukunft könnte er sich sogar noch weiter vergrößern und die Not auf ein neues Niveau anheben. Arbeitgeber und Unternehmen haben jedoch Möglichkeiten, die Bedingungen zu optimieren und somit das vorhandene Personal leichter zu halten. Außerdem erlauben diese es, einfacher an neue Fachkräfte zu gelangen. Dazu sollten sie die Regeln des Retention Managements und New Work in der Pflege berücksichtigen.
  • Autor: Niklas Perius
  • Aktualisiert am: Februar 9, 2023
  • 6 Minuten
New Work und Retention Management in der Pflege

© Peopleimages / Adobe Stock

Retention Management und New Work in der Pflege

Der Pflegeberuf ist zurzeit sehr unattraktiv

Berufe wie „Krankenschwester“ und „Altenpfleger“ waren einmal der Lebenstraum vieler Schülerinnen und Schüler. Doch die Zeiten, in denen sich viele junge Menschen auf ein Arbeitsleben in der Kranken- oder Altenpflege vorbereiten, scheinen weitgehend vorbei zu sein. Es gibt kaum jemanden, der nach der Corona-Pandemie noch nicht vom dramatischen Pflegenotstand und den zahlreichen Problemen in der Pflegebranche gehört hat – oder die Auswirkungen dieser Entwicklung als Patient am eigenen Leib erlebt.

Davon ist nicht nur Deutschland betroffen. Auch in benachbarten Ländern wie der Schweiz gibt es viel zu wenig Fachkräfte, weil es vor allem an Nachwuchskräften fehlt und die älteren Generationen langsam das Rentenalter erreichen. In den nächsten Jahren werden in beiden Ländern daher zehntausende Stellen unbesetzt bleiben. Dem Schweizer Gesundheitssystem sollen bis 2029 rund 20.000 Fachkräfte in der Krankenpflege fehlen, in Deutschland sollen es sogar rund 500.000 sein, wobei in dieser Zahl auch die fehlenden Altenpfleger enthalten sind.

Es liegt nicht nur an geringen Ausbildungszahlen

In Deutschland werden Jahr für Jahr viele Menschen in Pflegeberufen ausgebildet. 2021 befanden sich zum Beispiel rund 105.000 Auszubildende in einer Berufsausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann, was eine enorme Zahl ist. Prognosen zufolge werden viele von ihnen jedoch im Laufe ihres Lebens der Pflege wieder den Rücken kehren. Aktuell verlässt jeder sechste nach einigen Berufsjahren schon die Branche wieder.

Einer Studie zufolge möchte allerdings die Mehrheit der aktuell als Arzt oder Pfleger tätigen Personen ihren Beruf nicht bis zur Rente ausführen. Nur 29,5 Prozent sehen hingegen eine nachhaltige Lebensaufgabe in ihrer Tätigkeit. Doch woran liegt das und wie lässt sich die Fluktuation eindämmen?

Gründe für die aktuelle Entwicklung

Der Fachkräftemangel ist keinesfalls nur eine Frage des fehlenden Nachwuchses, wenn selbst die ausgebildeten Fachkräfte mit den Jahren die Pflege wieder verlassen. Eine derartige Fluktuation in andere Berufe wie die oben prognostizierte kann sich das Gesundheitswesen in Deutschland eindeutig nicht leisten, denn der Pflegebedarf steigt unter anderem aufgrund der Überalterung der Gesellschaft an. Doch was sind die tatsächlichen Gründe dafür, dass so viele Pfleger aus ihrem Beruf aussteigen?

Der wichtigste Grund für den Abschied aus der Pflegebranche ist die außergewöhnlich hohe Arbeitsbelastung. Viele Pfleger arbeiten mehr als fünf Tage am Stück – und zwar regelmäßig. Hinzu kommen Überstunden, die an die Schichten gehängt werden. Außerdem ist die Arbeit sehr anstrengend: körperlich und psychisch. Dadurch fällt auch regelmäßig Personal aus und meldet sich vorübergehend krank. Die fehlende Arbeitskraft muss dann von den Kollegen ausgeglichen werden, wodurch die Belastung noch weiter zunimmt. Viele Menschen sind aus Berufung Pfleger geworden, weil sie Menschen helfen wollen. Scheiden diese dann doch vorzeitig aus dem Beruf aus, berichten sie häufig darüber, dass der Job aufgrund der Überlastung nicht erfüllend war.

Neben diesem gibt es einige weitere Gründe. Auch die fehlende Anerkennung durch Politik und Arbeitgeber setzt vielen Pflegekräften zu. Dies äußert sich zum Beispiel in ungünstigen Rahmenbedingungen bei der Arbeit, etwa in Form von Zeitdruck bei der Arbeit, fehlenden Pausen oder wechselnden Schichtdiensten, die als besonders ungünstig für die Gesundheit gelten. Weitere Ursachen für die hohe Fluktuation sind die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf, Familiengründungen und Mobbing unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Pflegern.

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Möglicher Lösungsansatz: New Work in der Pflege

Die Gründe für das vorzeitige Ende einer Karriere in der Pflege sind also recht eindeutig. Die gute Nachricht lautet: Arbeitgeber können aktiv etwas dafür tun, die Bedingungen bei der Arbeit in der Branche wieder zu verbessern. Dadurch können mehr Pflegekräfte in ihrem Beruf gehalten werden, wodurch sich der Fachkräftemangel deutlich abmildern lässt. Eine tragfähige Option, dies zu erreichen, liegt darin, New Work in der Pflege umzusetzen. Hinter dem Begriff verbergen sich Maßnahmen, die Anerkennung und Mitbestimmungsrechte ermöglichen.

Doch was bedeutet New Work im Detail? Der Begriff steht für modernes und flexibles Arbeiten, wobei unter anderem die Vorteile der Digitalisierung genutzt werden. Doch die Veränderungen gehen nicht nur mit digitalisierten Prozessen einher, viel mehr ist die notwendige Veränderung ganzheitlicher Natur.

Beispiele für New Work in der Pflege

New Work ist fest mit dem Stichwort Work-Life-Balance verbunden. Damit ist gemeint, dass die Arbeit und das private Leben im Gleichgewicht sind. Der Job ist also weiterhin wichtig, er nimmt jedoch nicht mehr das aktuell verbreitete Übermaß an Raum im Leben ein. So haben Pflegekräfte die Möglichkeit, neben dem Beruf eine Familie zu gründen oder können sich in der Freizeit ausreichend von den beruflichen Strapazen erholen. Dabei helfen jedoch keine starren Modelle, an die sich die Arbeitskräfte anpassen müssen. Es muss genau andersherum sein: Die Arbeit wird individuell an die Kraft angepasst. Dies ist etwa in flexibel gestalteten Dienstplänen umsetzbar, aber auch in undogmatischen Teilzeit- und Wiedereinstiegsmodellen.

Neben einer gerechten Vergütung bedeutet New Work allerdings auch, dass sich das Führungspersonal ebenfalls an die neue Situation anpasst. Die Führung muss menschlich und empathisch sein – besonders, wenn die Belastung so hoch ist wie in der Pflege. Es gilt in Zeiten des Fachkräftemangels, auch untypischen Karrieren gegenüber offen zu sein. Hierarchien sollten insgesamt flacher werden, während jedes Teammitglied partizipativ durch Mitarbeiterbeteiligung an Entscheidungen mitwirken sollte. Letztlich geht es aber auch darum, der Arbeit in der Pflege wieder mehr Sinn zu verleihen. Das gelingt durch Übertragung von Verantwortung und eine selbst führende Organisation.

Erst auf dieser Basis können Technologien und digitalisierte Prozesse aufgebaut werden. Um die Arbeit in der Pflege allgemein zu erleichtern, ist modernes IT-Equipment unumgänglich. Fort- und Weiterbildungen in diesem Bereich können ebenfalls nicht schaden. Denn ohne das nötige Know-how bringt selbst die modernste Ausrüstung nichts.

Im Retention Management neue Wege gehen

Personaleinsatzplanung und Retention Management müssen sich also ändern, damit die Prognosen zu den fehlenden Arbeitskräften in der Pflege bis zum Jahr 2030 nicht wahr werden. Gut ist, dass inzwischen sowohl die Gründe für die hohe Fluktuation der Pflegekräfte als auch mögliche Gegenmaßnahmen bereits bekannt sind. Jetzt liegt es vor allem an den Arbeitgebern, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Auch die Politik muss unterstützend eingreifen.

Doch was können die Krankenhäuser und sonstigen Gesundheitseinrichtungen konkret für den Wandel tun? In erster Linie müssen sie mehr Geld für ihre Mitarbeiter ausgeben. Durch bessere Löhne oder reduzierte Arbeitsumfänge bei gleicher Bezahlung lässt sich schon viel Druck lösen. Durch Änderungen in der Führung etwa in Form von besseren Arbeitszeitmodellen und Anpassungen an die moderne Work-Life-Balance sinkt die seelische Belastung, wodurch Stress und Mobbing nachlassen. Darüber hinaus müssen Teams endlich mit der erforderlichen Anzahl an Kräften ausgestattet werden, um auch die physische Belastung zu reduzieren. Unter Umständen ist es sinnvoll, dazu vereinzelte Stationen zu schließen, um Personal frei zu machen.

Die Digitalisierung darf nicht länger aufgeschoben werden. Moderne digitale Prozesse können die Kosten in der Pflege senken, aber auch die Arbeitsbelastung senken. Gleichzeitig steigt die Qualität der Arbeit. Um sich die Transformation zu erleichtern, sollten sich Einrichtungen über Themen wie Nursing 4.0, Künstlicher Intelligenz und Big Data auseinandersetzen. Die Hilfe von professionellen IT-Fachkräften ist dabei unverzichtbar.

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Verfasst von Niklas

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