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Inhalt
- Gender Pay Gap und Berichtspflichten – was KMUs wissen müssen
- TL;DR: das Wichtigste in Kürze
- Was ist der Gender Pay Gap?
- Warum gibt es den Gender Pay Gap? – Ursachen im Überblick
- ESRS und Berichtspflichten: Was Unternehmen offenlegen müssen
- Praktische Tipps für große Unternehmen und KMUs
- Tipps für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
- FAQs
Gender Pay Gap und Berichtspflichten – was KMUs wissen müssen
TL;DR: das Wichtigste in Kürze
- Der Gender Pay Gap beträgt in Deutschland aktuell rund 16%, das heißt, Frauen verdienen pro Stunde durchschnittlich 16% weniger als Männer
- Etwa zwei Drittel dieser Lohnlücke sind auf strukturelle Faktoren (z.B. Teilzeit, Branche, Position) zurückzuführen, aber selbst bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit bleibt noch ein Gehaltsunterschied von etwa sechs Prozent.
- Deutschland gehört damit zu den Schlusslichtern in Europa beim Gender Pay Gap.
- Politik und Gesetzgeber haben sich zum Ziel gesetzt, die Lücke bis 2030 auf zehn Prozent zu senken.
- Neue ESRS-Nachhaltigkeitsstandards verpflichten große Unternehmen seit dem Berichtsjahr 2024, den prozentualen Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern offenzulegen.
- Unternehmen – gerade auch KMU – sollten jetzt handeln und z.B. Gehaltsstrukturen prüfen, Transparenz schaffen, flexible Arbeitsmodelle fördern und Frauen gezielt in Karriere und Führung unterstützen, während Beschäftigte ihre Rechte kennen und aktiv für faire Bezahlung eintreten sollten.
Was ist der Gender Pay Gap?
Der Gender Pay Gap bezeichnet die prozentuale Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen. Üblicherweise wird der durchschnittliche Bruttostundenlohn aller beschäftigten Frauen dem der Männer gegenübergestellt. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen unbereinigtem und bereinigtem Gender Pay Gap:
- Unbereinigter Gender Pay Gap: Der einfache Vergleich der Durchschnittslöhne, ohne weitere Faktoren zu berücksichtigen. Dieser Wert spiegelt die gesamte Lohnlücke wider und lag in Deutschland im Jahr 2023 bei etwa 18% (2024: 16%). Frauen haben also zuletzt pro Stunde 16% weniger verdient als Männer im Schnitt.
- Bereinigter Gender Pay Gap: Hier werden strukturelle Unterschiede herausgerechnet – man vergleicht also Frauen und Männer mit ähnlichen Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Der bereinigte Wert ist deutlich niedriger und betrug zuletzt circa sechs Prozent in Deutschland. Dieser Rest könnte auf geschlechtsspezifische Diskriminierung oder nicht erfasste Unterschiede zurückzuführen sein, weil Frauen selbst bei gleicher Tätigkeit und ähnlichen Merkmalen im Durchschnitt immer noch rund 6% weniger erhalten.
Einfach ausgedrückt zeigt der Gender Pay Gap, dass Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer – ein Zeichen für fortbestehende Ungleichheiten am Arbeitsmarkt. Die Kennzahl dient als wichtiger Indikator, um die Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern zu messen. Allerdings lässt der unbereinigte Wert noch keine direkten Rückschlüsse darauf zu, ob eine ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit vorliegt, weil er nicht berücksichtigt, dass Frauen und Männer oft in unterschiedlichen Berufen und Umfängen arbeiten. Deshalb betrachtet man ergänzend den bereinigten Gender Pay Gap, um mögliche diskriminierende Gehaltsunterschiede besser abzuschätzen.
Warum gibt es den Gender Pay Gap? – Ursachen im Überblick
Der Gender Pay Gap ist das Resultat mehrerer Faktoren. Oft wird betont, dass er nicht ausschließlich durch unterschiedliche Bezahlung für die gleiche Arbeit entsteht, sondern vor allem strukturelle Unterschiede am Arbeitsmarkt widerspiegelt:
Berufswahl und Branchen
Frauen sind überproportional in schlechter bezahlten Branchen und Berufen vertreten (horizontale Segregation). Zum Beispiel arbeiten viele Frauen im Pflege-, Erziehungs- oder Dienstleistungsbereich, die im Schnitt geringere Löhne bieten. Männer hingegen sind häufiger in besser vergüteten technischen oder managementnahen Berufen zu finden. Etwa 24% der Lohnlücke lassen sich dadurch erklären, dass Frauen häufiger in niedriger entlohnten Sektoren tätig sind. Zudem werden typische „Frauenberufe“ wie etwa in der Pflege oder Verwaltung gesellschaftlich oft unterbewertet, was sich in der Bezahlung niederschlägt.
Arbeitszeit und Familienauszeiten
Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit oder unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für Familie und Pflege. Sie übernehmen nach wie vor einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit (Kindererziehung, Haushalt etc.). Weltweit leisten Frauen täglich Milliarden Stunden unentlohnter Arbeit. In Deutschland liegt die Erwerbsquote der Frauen zwar bei rund 69%, aber deutlich mehr Frauen als Männer reduzieren ihre Arbeitsstunden für familiäre Aufgaben. Diese reduzierte Arbeitszeit und karrierebedingte Pausen bremsen Gehaltsentwicklungen und Aufstiegschancen. So steigt der Gender Pay Gap typischerweise mit dem Alter: Während er bei Berufsanfängerinnen gering ist (etwa sieben Prozent bei 25–29-Jährigen), klafft er bei über 50-Jährigen auf über 20%, weil viele Frauen nach der Familiengründung in Teilzeit gehen und Gehaltssprünge verpassen. Dieses Muster – oft “Mütterfalle” genannt – verstärkt über die Lebensarbeitszeit die Einkommenslücke erheblich.
Weniger Frauen in Führungspositionen
In höheren Hierarchiestufen nimmt der Einkommensunterschied zu. Frauen sind in Führungs- und Spitzenpositionen weiterhin unterrepräsentiert. Weniger als jede zehnte CEO-Position in großen Unternehmen ist in Europa weiblich besetzt. In Deutschland liegt der Frauenanteil in Vorständen großer Firmen dank Quotenregelungen zwar etwas höher als früher (etwa 15% in 2022), bleibt aber niedrig. Dieses Phänomen der “gläsernen Decke” führt dazu, dass Frauen seltener in die bestbezahlten Positionen aufsteigen. Zudem zeigen Daten, dass gerade bei leitenden Angestellten und Managern die Lohnlücke besonders hoch ist: EU-weit verdienen Managerinnen ca. 23% weniger als Manager. Das drückt den Durchschnittsverdienst von Frauen insgesamt.
Direkte Entgeltdiskriminierung
Obwohl gleicher Lohn für gleiche Arbeit gesetzlich verankert ist, gibt es nach wie vor Fälle, in denen Frauen für gleichwertige Arbeit schlechter bezahlt werden. Der bereinigte Gender Pay Gap von sechs Prozent wird häufig als möglicher Diskriminierungsanteil interpretiert. Das heißt, selbst wenn man Faktoren wie Beruf, Bildung, Arbeitszeit und Erfahrung berücksichtigt, bleibt ein nicht erklärbarer Rest, der auf geschlechtsspezifische Benachteiligung hindeuten könnte. Dieser kann z.B. durch unbewusste Vorurteile bei Gehaltsverhandlungen, Einstufungen oder Beförderungen entstehen. Auch fehlende Transparenz ermöglicht es, dass Frauen geringere Gehälter akzeptieren oder ihre Leistungen niedriger bewertet werden. Der größte Teil des Gender Pay Gaps bleibt jedoch unerklärt und könnte somit auch auf unsichtbare Ungleichbehandlung zurückzuführen sein. Mehr Transparenz über Löhne soll helfen, solche ungerechtfertigten Differenzen aufzudecken.
ESRS und Berichtspflichten: Was Unternehmen offenlegen müssen
Seit kurzem werden Unternehmen in Europa stärker in die Verantwortung genommen, ihre Entgeltunterschiede transparent zu machen. Ein zentrales Instrument dabei sind die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Rahmen der neuen EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese Standards, verbindlich vorgegeben durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), umfassen neben Umwelt- und Governance-Themen auch soziale Aspekte, insbesondere faire Löhne und Diversität.
Im Standard ESRS S1-16 ist vorgeschrieben, dass Unternehmen den prozentualen Gehaltsunterschied zwischen ihren weiblichen und männlichen Beschäftigten offenlegen, also faktisch ihren Gender Pay Gap. Diese Kennzahl soll ein klares Bild der Lohngleichheit innerhalb der Belegschaft vermitteln. Konkret müssen alle Bestandteile der Vergütung (Grundgehalt, Boni, Sachleistungen etc.) einbezogen werden, um ein umfassendes Bild zu geben. Der Berechnung liegt der durchschnittliche Bruttostundenlohn zugrunde, analog zum unbereinigten Gender Pay Gap. Ab dem zweiten Berichtsjahr sind auch Vergleichszahlen aus dem Vorjahr anzugeben, sodass Fortschritte oder Verschlechterungen sichtbar werden.
Als Bestandteil der sozialen Nachhaltigkeit (das „S“ in ESG) wird Entgeltgleichheit somit zur Chefsache. Es geht nicht nur um Compliance, sondern auch um Reputation und Employer Branding: Ein hoher Gender Pay Gap könnte das Image schädigen, während Fortschritte positiv wahrgenommen werden. Gerade vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel achten viele Bewerber darauf, ob ein Arbeitgeber fair zahlt. Transparente Daten im Nachhaltigkeitsbericht fließen hier in die Entscheidungen ein.
Neben den ESRS-Anforderungen kommt zudem die neue EU-Pay-Transparency-Richtlinie auf die Unternehmen zu. Diese verpflichtet alle Unternehmen ab 100 Beschäftigten zu mehr Gehaltstransparenz. Konkret müssen Firmen regelmäßig über ihren Gender Pay Gap berichten (ab 250 Mitarbeiter jährlich, 100–249 Mitarbeiter alle drei Jahre) und Beschäftigten auf Anfrage Auskunft über Lohnniveaus geben. Überschreitet der interne Gender Pay Gap fünf Prozent, sind Arbeitgeber künftig sogar verpflichtet, gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen ein Equal Pay Assessment durchzuführen, also die Gründe zu analysieren und Gegenmaßnahmen zu erarbeiten. Diese Richtlinie muss bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden und ergänzt die ESRS-Berichtspflichten. Für Unternehmen und auch viele mittelständische Betriebe wird Gehaltstransparenz damit zur handfesten Compliance-Frage. Wer dann nicht in der Lage ist, die eigene Vergütungsstruktur nachvollziehbar zu erklären, riskiert rechtliche und reputative Konsequenzen..
Praktische Tipps für große Unternehmen und KMUs
Für Unternehmen vom Großkonzern bis zum KMU gibt es verschiedene Hebel, um den Gender Pay Gap zu analysieren und zu reduzieren. Wichtig ist ein proaktiver Ansatz: Statt abzuwarten, bis die Lücke öffentlich zum Problem wird (sei es durch Berichte, Audits oder Mitarbeiterunzufriedenheit), sollten Verantwortliche frühzeitig gegensteuern. Hier sind einige praktische Maßnahmen, die sich bewährt haben:
Gehaltsanalysen und Audits durchführen
Unternehmen sollten zunächst den Status Quo erheben. Eine regelmäßige Entgeltanalyse (z.B. einmal jährlich) deckt auf, ob und wo im Betrieb Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. Tools wie Logib-D (ein vom Bund entwickeltes Analyse-Tool) oder externe Vergütungsbenchmarks können helfen. Wichtig ist, die Daten nach vergleichbaren Positionen auszuwerten: Wo verdienen Frauen weniger bei gleicher Tätigkeit? Diese Diagnose bildet die Basis für alle weiteren Schritte. KMU sollten derartige Erhebungen auch ohne gesetzliche Vorgabe regelmäßig durchführen. Oftmals kommen dabei überraschende Lücken ans Licht, die man gezielt schließen kann.
Transparente Gehaltsstrukturen schaffen
Intransparenz begünstigt Ungleichheit. Definieren Sie klare Gehaltsbänder und Kriterien für jede Position. Wenn Mitarbeiter wissen, in welchem Rahmen sich ihr Gehalt bewegt und welche Voraussetzungen für höhere Einstufungen gelten, verringert das Spielräume für willkürliche Unterschiede. Standardisierte Bewertungsmaßstäbe (für Erfahrung, Leistung, Verantwortung etc.) bei Einstellungen und Beförderungen stellen sicher, dass nicht versteckt Frauen niedriger eingruppiert werden. Einige Unternehmen führen interne Gehaltsbenchmarks oder Gehaltsbandbreiten in Stellenanzeigen ein. Transparenz schafft Vertrauen und gibt insbesondere Frauen eine bessere Verhandlungsgrundlage, weil das Tabu ums Geld gebrochen wird. Das deutsche Entgelttransparenzgesetz bietet hier bereits einen Rahmen: Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten müssen Auskunft über Lohnkriterien geben und solche mit mehr als 500 Beschäftigten über den Stand der Gleichbezahlung berichten. Firmen, die diese Transparenz aktiv leben, signalisieren ihren Beschäftigten Fairness.
Gleiche Karrierechancen und Frauenförderung
Ein zentraler Schlüssel zur Schließung des Gender Pay Gaps ist, mehr Frauen in gut bezahlte Positionen zu bringen. Unternehmen sollten systematisch überprüfen, ob Frauen im Betrieb die gleichen Aufstiegs- und Entwicklungsprogramme durchlaufen wie Männer. Falls nicht, können spezielle Mentoring- oder Förderprogramme helfen.
Einige Betriebe haben erfolgreich Frauen-Netzwerke oder interne „Leadership-Programme“ eingerichtet, um den Anteil weiblicher Führungskräfte zu erhöhen. Auch Modelle wie Führung in Teilzeit oder Jobsharing im Management ermöglichen es, dass mehr Frauen Führungsrollen übernehmen, ohne sich zwischen Karriere und Familie entscheiden zu müssen.
Unternehmen sollten außerdem aktiv Talente sichten: Wer interne Beförderungen oder prestigeträchtige Projekte vergibt, sollte darauf achten, qualifizierte Mitarbeiterinnen nicht zu übersehen. Zielvorgaben (wie eine bestimmte Quote von Frauen in Leitungsteams) können dem Management eine klare Orientierung geben. Wichtig ist dabei die Vorbildfunktion von oben: Wenn die Unternehmensleitung Diversität fördert und Erfolge sichtbar macht, zieht das Kreise. Letztlich gilt: Frauen halten und fördern lohnt sich, denn ansonsten gehen dem Unternehmen Potenziale verloren oder bestens qualifizierte Frauen wandern zur Konkurrenz ab.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern
Weil ein großer Teil des Pay Gaps auf familienbedingte Faktoren zurückgeht, können Unternehmen hier direkt ansetzen. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Angebote und individuelle Teilzeitmodelle ermöglichen es, dass Frauen (und natürlich auch Männer) Beruf und Familie besser unter einen Hut bekommen, ohne einen Karriereknick befürchten zu müssen. Zum Beispiel können Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit Eltern entlasten, ohne die Entwicklungsmöglichkeiten einzuschränken. Betriebliche Kinderbetreuung oder Zuschüsse zu Kitaplätzen sind weitere wirksame Maßnahmen. Sie reduzieren Auszeiten nach der Geburt und erleichtern einen früheren Wiedereinstieg.
Unternehmen sollten zudem eine Kultur fördern, in der Elternzeit auch für Väter selbstverständlich ist. Wenn mehr Väter längere Elternzeiten nehmen, verteilt sich die Care-Arbeit gleichmäßiger, und Frauen können schneller wieder voll einsteigen, was langfristig der Entgeltgleichheit dient. Einige Firmen honorieren sogar die Inanspruchnahme von Elternzeit durch Männer explizit, etwa durch Bonuspunkte im internen Bewertungssystem – das signalisiert, dass Equal Care gewünscht ist.
Unternehmenskultur und Sensibilisierung
Nachhaltig lässt sich der Gender Pay Gap nur schließen, wenn Chancengleichheit Teil der Unternehmenskultur ist. Dazu gehört, ein entsprechendes Bewusstsein bei Führungskräften und Mitarbeitern zu schaffen. Schulungen zum “Unconscious Bias” (zu unbewussten Vorurteilen) können Personalentscheidern helfen, fairer zu beurteilen. Eine klare Positionierung der Unternehmensführung (z.B. „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist bei uns ein Muss“) und gegebenenfalls ein Diversitäts- oder Gleichstellungsbeauftragter im Betrieb können die Umsetzung begleiten. Manche Unternehmen führen interne Equal Pay Reviews durch und berichten den Beschäftigten über Ergebnisse und Maßnahmen. Das erhöht die Glaubwürdigkeit. Letztlich sollten alle verstehen: Entgeltgleichheit ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch ein Wettbewerbsvorteil – denn ein faires, offenes Betriebsklima zieht motivierte Talente an und hält die Belegschaft zufrieden.
Unterstützung von KMUs
Gerade KMU tun sich mitunter schwer, formale Programme aufzusetzen, doch auch in kleinerem Rahmen lässt sich viel erreichen. Oft sind Hierarchien flacher und Gehälter individueller verhandelbar, was einerseits Risiken wie eine individuelle Ungleichbehandlung, andererseits aber auch Chancen birgt: In einem kleinen Betrieb können Vorgesetzte direkt Einfluss nehmen und z.B. bei Gehaltsrunden darauf achten, ob möglicherweise systematisch Männer höhere Aufschläge bekommen als Frauen. Schon wenige bewusste Entscheidungen können die Lücke reduzieren.
Insgesamt lautet die Devise: Transparenz, Analyse, Aktion: Unternehmen, die ihren Gender Pay Gap kennen und gezielt gegensteuern, werden nicht nur den gesetzlichen Vorgaben gerecht, sondern verbessern auch ihre Organisationskultur und Attraktivität. Fairness in der Bezahlung ist ein Faktor, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – und den man steuern kann.
Tipps für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Auch Beschäftigte können Schritte unternehmen, um der Entgeltlücke entgegenzuwirken. Zwar liegt die Verantwortung für strukturelle Veränderungen primär bei Arbeitgebern und Politik, aber im individuellen Arbeitsleben helfen die folgenden Strategien:
- Informieren Sie sich über Ihre Rechte: Wissen ist Macht. Machen Sie sich mit Gesetzen wie dem Entgelttransparenzgesetz vertraut. Nutzen Sie diese Rechte, falls Sie den Verdacht haben, ungerecht bezahlt zu werden. Bleiben Sie auch über neue Entwicklungen (z.B. EU-Pay-Transparency-Richtlinie) auf dem Laufenden, weil diese künftig noch mehr Transparenz schaffen.
- Eigenes Gehalt prüfen und vergleichen: Machen Sie regelmäßig den Marktwert-Check. Online-Gehaltsportale, Branchenreports oder Gewerkschaften bieten Gehaltsbenchmarks für bestimmte Berufe und Erfahrungsstufen. So bekommen Sie ein Gefühl, ob Ihr Gehalt im Rahmen liegt oder nachverhandelt werden sollte. Tauschen Sie sich – sofern möglich – vertraulich mit Kolleginnen und Kollegen über Gehälter aus. In vielen Unternehmen ist das Tabu bereits am Bröckeln. Transparenz untereinander ist legal und oft der erste Schritt, um Ungleichheiten aufzudecken.
- Selbstbewusst verhandeln und den Wert der eigenen Arbeit kennen: Frauen neigen statistisch gesehen oft zu zurückhaltenden Gehaltsforderungen. Machen Sie sich Ihren eigenen Wert bewusst. Führen Sie Buch über Ihre Erfolge, Qualifikationen und Beiträge im Job. In Gehaltsverhandlungen oder Beförderungsgesprächen bringen Sie diese aktiv zur Sprache. Fordern Sie ein angemessenes Gehalt, auch beim Jobwechsel. Initial verhandelte Gehaltsunterschiede summieren sich im Lauf der Karriere. Trauen Sie sich, das zu verlangen, was Ihre Arbeit wert ist. Im Zweifel holen Sie sich Tipps im Karriere-Netzwerk oder von erfahrenen Mentoren, um Ihre Verhandlungsstrategien zu verbessern.
- Weiterbildung und Karriereplanung: Halten Sie Ihre Qualifikationen aktuell und nutzen Sie Weiterbildungsangebote, um aufzusteigen. Zusätzliche Zertifikate, Fortbildungen oder ein ergänzendes Studium können Sie für höher dotierte Positionen qualifizieren und Ihr Gehaltspotenzial erhöhen. Suchen Sie aktiv nach Mentoren oder Sponsoren im Unternehmen, die Sie fördern. Ein Mentor kann Türen öffnen und helfen, in Projekte oder Rollen zu kommen, die bessere Aufstiegschancen bieten. Planen Sie Ihre Karriere strategisch: Wenn Ihnen Gehalt wichtig ist, berücksichtigen Sie das schon bei Job- und Branchenwahl.
- Netzwerken und Gleichgesinnte suchen: Verbünden Sie sich mit anderen Frauen (und Männern), denen Fair Pay wichtig ist. Interne Netzwerke für Frauen oder Diversity-Initiativen können helfen, gemeinsam Forderungen zu stellen (z.B. nach transparenteren Gehaltsstrukturen) und sich gegenseitig zu unterstützen. Außerhalb des eigenen Betriebs lohnt der Austausch in branchenweiten Netzwerken oder Verbänden. Man lernt von Best Practices anderer und bekommt Mut, sich selbst für Veränderungen einzusetzen.
- Privat Arbeitsaufteilung hinterfragen: Beziehen Sie Ihren Partner und Ihre Familie in die Gespräche ein. Eine faire Verteilung von Kinderbetreuung und Haushaltsarbeit zu Hause ist Voraussetzung dafür, dass Sie im Beruf Vollgas geben können. Planen Sie Elternzeiten und Teilzeiten gemeinsam so, dass niemand dauerhaft benachteiligt ist. Beispielsweise könnten beide Partner abwechselnd ihre Arbeitszeit reduzieren oder ein finanzieller Ausgleich vereinbart werden. Letztlich profitieren beide davon, wenn Frauen finanziell unabhängig bleiben und Karrierechancen nutzen können.
FAQs
Was versteht man unter dem Gender Pay Gap?
Der Gender Pay Gap bezeichnet den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Verdienst von Männern und Frauen, meist bezogen auf den Bruttostundenlohn.
Wie hoch ist der Gender Pay Gap in Deutschland aktuell?
Der unbereinigte Gender Pay Gap liegt bei rund 16% (Stand 2024) – Frauen verdienen also im Schnitt 16% weniger pro Stunde als Männer (bereinigt beträgt die Differenz etwa sechs Prozent).
Warum verdienen Frauen oft weniger als Männer?
Hauptursachen sind strukturelle Unterschiede: Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Berufen und Teilzeit, sind seltener in Führungspositionen und erfahren teils auch bei gleicher Qualifikation eine niedrigere Bezahlung.
Welche Pflichten haben Unternehmen nach den neuen ESRS-Regeln?
Große Unternehmen müssen ab dem Geschäftsjahr 2024 im Nachhaltigkeitsbericht ihren geschlechtsspezifischen Lohnunterschied offenlegen und damit transparent machen, wie groß die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern im Betrieb ist.
Was können Unternehmen tun, um den Gender Pay Gap zu verringern?
Arbeitgeber können durch Gehaltsanalysen, transparente Entgeltstrukturen, Förderung von Frauen (Mentoring, Karriereprogramme) und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie dafür sorgen, dass Frauen und Männer gleich bezahlt und gefördert werden.