Forderungen nach Vier-Tage-Woche werden lauter: Diese Modelle gibt es

Derzeit werden Forderungen nach der Einführung einer Vier-Tage-Woche lauter. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle, die sich für unterschiedliche Branchen und Betrieben eignen.
Vier-Tage-Woche: Demonstration

© zuchero / Adobe Stock

Forderungen nach Vier-Tage-Woche werden lauter: Diese Modelle gibt es

Derzeit werden Forderungen nach der Einführung einer Vier-Tage-Woche lauter. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle, die sich für unterschiedliche Branchen und Betrieben eignen.

Wenn es nach den Wünschen der deutschen Arbeitnehmer geht, ist eine Verkürzung der Arbeitszeit wichtiger als eine Gehaltserhöhung. So zeigte beispielsweise eine Studie zum Thema Hybrides Arbeiten, dass 54 Prozent der Deutschen eine Vier-Tage-Woche einer Gehaltserhöhung vorziehen.

Neuen Schwung erhält die Debatte durch den Vorstoß der IG Metall zur Einführung einer Vier-Tage-Woche. Sie will für die nächste Tarifrunde für die Stahlbranche die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich fordern.

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Unterschiedliche Modelle der Vier-Tage-Woche

Bei einer Vier-Tage-Woche verteilt sich die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf vier statt wie gewöhnlich auf fünf Tage. Es gibt unterschiedliche Modelle der Vier-Tage-Woche. Beim ersten Modell wird mit der Zahl der Arbeitstage auch die Zahl der pro Woche zu leistenden Stunden reduziert. Dabei soll die erbrachte Leistung jedoch nicht abnehmen. Das Gehalt bleibt gleich. Dieser Ansatz wird auch mit „100-80-100“ bezeichnet. Das bedeutet: Für 80 Prozent der Arbeitszeit werden 100 Prozent des Gehalts bezahlt, wobei der Output weiterhin 100 Prozent beträgt.

Das zweite Modell der Vier-Tage-Woche sieht eine Umverteilung der Wochenarbeitszeit von fünf auf vier Tage vor. Bei einer 40-Stunden-Woche wären dann pro Tag nicht mehr acht, sondern zehn Stunden zu erbringen. Auch hier ist vorgesehen, dass das Gehalt und die erbrachte Produktionsleistung gleichbleiben.

Produktivität muss bei Vier-Tage-Woche steigen

Häufig wird fälschlicherweise gefordert, die Produktivität bei einer Vier-Tage-Woche müsse weiterhin 100 Prozent betragen. Weil die Produktivität aber als Quotient zwischen Produktionsleistung (Output) / erbrachter Arbeit (Input) definiert ist, muss die Produktivität beim 100-80-100-Modell sogar steigen, damit der Output nicht sinkt.

Vier-Tage-Woche vs. Teilzeit

Ein Modell, bei dem die Arbeitszeit sinkt und das Gehalt entsprechend gekürzt wird, hat übrigens nichts mit dem Gedanken der Vier-Tage-Woche zu tun, sondern stellt eine Form der Teilzeitarbeit dar. Dies ist bereits heute in vielen Unternehmen möglich. Gesetzlich ist das in Paragraph 8 des Teilzeitbefristungsgesetzes (TzBfG) geregelt.

Unterschiedliche Reaktionen auf Forderungen nach Vier-Tage-Woche

Erwartungsgemäß kommen aus Wirtschaft, Politik und von den Gewerkschaften unterschiedliche Reaktionen auf die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche. So unterstützt zum Beispiel die Linke den Ansatz. Die Vier-Tage-Woche sei in einigen Ländern längst gängige Praxis. Zudem sei eine verkürzte Arbeitswoche gut für das Klima, weil weniger Fahrten zur Arbeit nötig seien und die Energiekosten verringert würden.

Anders sehen es manche Arbeitgeber. Vom Arbeitgeberverband Stahl hieß es, in der Metallindustrie gelte schon seit Jahrzehnten die 35-Stunden-Woche. Eine weitere Verkürzung komme für die Arbeitgeber nicht in Frage. Die Forderung komme zur Unzeit. Bereits jetzt hätten die Unternehmen mit den gestiegenen Energiepreisen und den Kosten für die Transformation der Branche zu kämpfen.

Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel in verschiedenen Branchen wird eine weitere Reduzierung der Arbeitszeit von vielen Unternehmen und Arbeitgebern kritisch gesehen.

Betriebswirtschaftliche Betrachtung der Vier-Tage-Woche

Aus wirtschaftsökonomischer Sicht ist die Vier-Tage-Woche differenziert zu bewerten. Dabei muss vor allem zwischen einzelnen Tätigkeiten und Berufen unterschieden werden. Je nach Job und dem gewählten Modell der Vier-Tage-Woche erscheint ein solcher Ansatz mehr oder auch weniger realistisch.

Beispiel Pflege: Reduziert eine Pflegekraft ihre wöchentliche Arbeitszeit durch die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche, müsste sie pro Stunde 25 Prozent mehr leisten, also zum Beispiel entsprechend mehr Patienten betreuen, als dies vorher der Fall war. Bei den aktuellen Arbeitsbedingungen vieler Pflegekräfte und der schon jetzt herrschenden Überlastung ginge eine solche Umstellung zu Lasten der Mitarbeiter und der Patienten.

Bei einer Umverteilung der bestehenden Wochenarbeitszeit von fünf auf vier Tage wäre die Situation nicht besser: Dann müsste zwar die Produktivität pro Stunde nicht steigen, aber pro Tag wäre entsprechend mehr zu leisten. Das ist in Berufen mit einer hohen körperlichen Belastung kaum vorstellbar.

Ähnlich sieht es in anderen Branchen aus, in denen die Mitarbeiter schon heute an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten, um eine möglichst hohe Produktivität zu erzielen. Man denke etwa an Arbeiter am Fließband oder andere Tätigkeiten mit Akkord.

Auf der anderen Seite stehen Berufe, bei denen Mitarbeiter ihre Tätigkeiten flexibel gestalten und einteilen können. Klassischerweise betrifft das besser bezahlte Jobs. Hier ist eine Verkürzung der Arbeitszeit unter Beibehaltung der Arbeitsergebnisse durchaus vorstellbar. Das lässt sich zum Beispiel durch Optimierungen für mehr Effizienz bei der Arbeit erreichen – etwa durch das Streichen von nicht unbedingt benötigten Meetings oder die Anpassung von Prozessen.

Alternativ sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Reduzierung auf eine Vier-Tage-Woche bei gleichzeitig weniger Wochenstunden und einem entsprechend geringeren Arbeitsaufkommen eine Alternative sein kann – zum Beispiel als Ersatz für eine Gehaltserhöhung.

Aufgrund des derzeit herrschenden Fachkräftemangels, der viele Unternehmen betrifft, befinden sich die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften in einer guten Verhandlungsposition. Daraus können entweder starke Zuwächse bei den Löhnen und Gehältern resultieren als auch eine Verkürzung der Arbeitszeiten und mit ihnen auch Modelle wie eine Vier-Tage-Woche.

Vier-Tage-Woche ist in manchen Ländern schon etabliert

In einigen Ländern hat sich die Vier-Tage-Woche bereits durchgesetzt. So gilt zum Beispiel in Belgien seit November 2022 ein Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche. Dementsprechend können die 40 Stunden Wochenarbeitszeit auf vier Tage aufgeteilt werden. Bei einer Reduzierung der Stundenzahl ist jedoch ein Gehaltsabschlag möglich.

Auch in Island hat sich die Vier-Tage-Woche durchgesetzt. Dort gab es von 2015 bis 2019 einen Test des Modells, an dem 2.500 Arbeitnehmer beteiligt waren. Die wöchentlichen 40 Stunden wurden dabei auf 36 bzw. 35 Stunden reduziert – bei gleicher Bezahlung. Mit dem Abschluss des Versuchs erhielten die meisten Arbeitskräfte das Recht auf kürzere Arbeitszeiten.

Und auch in Großbritannien wurde die Vier-Tage-Woche erfolgreich getestet. Insgesamt 61 Unternehmen nahmen an einem Versuch teil, von denen sich nach dessen Abschluss 56 dafür entschieden, die Vier-Tage-Woche beizubehalten.

Bedeuten diese Ergebnisse, dass die Vier-Tage-Woche nur Vorteile hat? Nicht ganz. Wie so oft kommt es auch hier auf die Begleitumstände an.

Vorteile der Vier-Tage-Woche

In den Versuchen in Island sowie in Großbritannien zeigte sich, dass in vielen Unternehmen die erbrachte Leistung in der Vier-Tage-Woche anstieg oder zumindest nicht sank. Die Denkfabrik ‚Autonomy‘ berichtet außerdem über den Versuch in Island, dass sich im Zuge dessen das Wohlbefinden der Arbeitskräfte über eine Reihe von Indikatoren hinweg deutlich verbessert habe.

Zu den weiteren Vorteilen einer Vier-Tage-Woche gehört eine bessere Work-Life-Balance der Arbeitnehmer. Sie sind flexibler und erhalten mehr Zeit für die Familie, für private Erledigungen und für Freizeitaktivitäten. Damit können sie sich in der verbleibenden Arbeitszeit freier und weniger belastet ihrem Job widmen.

Nicht zu vergessen sind ökologische Aspekte: Weniger Fahrten zum Arbeitsplatz sind gleichbedeutend mit weniger CO2-Emissionen und mit weniger Umweltbelastungen.

Nachteile einer Vier-Tage-Woche

Unter der Annahme, dass bei einer Vier-Tage-Woche die erbrachte Arbeitsleistung pro Mitarbeiter nicht sinken soll, muss die Produktivität pro Stunde oder pro Tag entsprechend steigen. Das wird in vielen Berufen nicht möglich sein, zum Beispiel in der Pflege oder in der Logistik.

In anderen Unternehmen sind Verbesserungen der Produktivität durch Verbesserungen der Effizienz denkbar – zum Beispiel durch Anschaffung neuer und moderner Maschinen oder durch Optimierung der Prozesse. Zudem müssen in Unternehmen, bei denen es auf einen kontinuierlichen Betrieb ankommt, Schichtpläne angepasst und Dienstpläne geändert werden.

Als Rest bleiben Berufe, bei denen die Mitarbeiter selbst in der Lage sind, ihre Arbeiten so umzuschichten, dass sie ihre Arbeitsleistung bei Verkürzung der Arbeitszeit beibehalten können.

Ob und inwiefern die Ergebnisse der Studien zur Vier-Tage-Woche aus anderen Ländern auf Deutschland übertragbar sind, ist ebenfalls zu prüfen. Die Bedingungen in den einzelnen Ländern sowie in den beteiligten Unternehmen müssen nicht auf die Situation hierzulande passen. Eine generelle Adaption der Vier-Stunden-Woche ohne entsprechende Vorbereitung wäre damit fahrlässig und könnte für manche Unternehmen zur Belastungsprobe werden.

Bewertung: Ist die Vier-Tage-Woche auf breiter Ebene möglich?

Die Ergebnisse aus verschiedenen Versuchen stimmen optimistisch, dass eine Vier-Tage-Woche zumindest in bestimmten Branchen und Unternehmen ein mögliches Arbeitszeitmodell ist. Davon können sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter profitieren. Im Idealfall bleibt die erbrachte Arbeitsleistung gleich, während die Mitarbeiter mehr Zeit für sich und ihre Familie erhalten. Unternehmen profitieren von zufriedeneren Mitarbeitern und einem sinkenden Krankenstand.

Es gibt jedoch Branchen und Berufe, bei denen weder eine sinkende Wochenstundenzahl bei gleichbleibender Arbeitsleistung denkbar ist noch eine Verteilung der bestehenden Arbeitszeit auf weniger Tage pro Woche realistisch erscheint. Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder erhalten die Mitarbeiter das gleiche Gehalt für weniger Arbeitszeit und für wenige Leistung, was einer Gehaltserhöhung entspräche, oder die Mitarbeiter müssen Abstriche bei ihrer Bezahlung hinnehmen.

Das Argument, die Vier-Tage-Woche verschärfe den Fachkräftemangel, scheint jedoch vorgeschoben zu sein. Dieses Problem besteht unabhängig vom Arbeitsmodell. Dessen Lösung kann nur durch gesamtstaatliche Bemühungen gelöst werden, indem zum Beispiel zusätzliche Arbeitskräfte durch Weiterbildung und Förderung dem Arbeitsmarkt zugeführt werden und indem die Einwanderung von Fachkräften erleichtert wird.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.