Inhalt
- 42-Stunden-Woche: sinnvolles Mittel gegen Fachkräftemangel?
- Vorschlag: 42-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
- Einiges steht einer Ausweitung der Wochenarbeitszeit entgegen
- Längere Arbeitszeiten und werben um Fachkräfte passen nicht zusammen
- Bei der Ausweitung der Arbeitszeit auch gesundheitliche Aspekte beachten
- Workation und Remote Work in Kombination mit längeren Arbeitszeiten
- Fazit
42-Stunden-Woche: sinnvolles Mittel gegen Fachkräftemangel?
In Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen und angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels werden Rufe nach einer Ausweitung der Arbeitszeit lauter. Doch kann eine 42-Stunden-Woche bestehende Probleme lösen, oder führt sie nicht eher zu weiteren Schwierigkeiten?
Die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland war in den letzten Jahren rückläufig. Lag diese bei Männern im Jahr 1991 noch bei 40,4 Stunden pro Woche, betrug der Wert im Jahr 2020 nur noch 33,6 Stunden. Bei Frauen sank der Wert von 32,1 Stunden 1991 auf 26 Stunden im Jahr 2020. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung kamen die Beschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr pro Woche durchschnittlich auf 38,2 Stunden.
Die Arbeitszeit der Deutschen ist im europäischen Vergleich im unteren Bereich angesiedelt. Laut Eurostat wird nur in den Niederlanden, Norwegen und Dänemark kürzer gearbeitet. Aktuelle Entwicklungen wie der Wunsch nach mehr Freizeit und eine neue Ausrichtung der Work-Life-Balance tragen zu einer weiteren Reduzierung der Arbeitszeiten bei.
Vorschlag: 42-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
Da will ein Vorschlag für eine Ausweitung der Arbeitszeit auf eine 42-Stunden-Woche nicht so recht ins Bild passen. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, ist der Meinung, im Kampf gegen den Fachkräftemangel sei eine 42-Stunden-Woche besser geeignet als ein höheres Renteneintrittsalter. Er sprach dabei von einer optionalen Verlängerung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich.
Einiges steht einer Ausweitung der Wochenarbeitszeit entgegen
Laut Arbeitszeitgesetz beträgt die maximale Arbeitszeit an Werktagen acht Stunden. Bei sechs Arbeitstagen pro Woche (einschließlich Samstag) wären so maximal 48 Stunden pro Woche möglich. In bestimmten Fällen darf ausnahmsweise auch länger gearbeitet werden. Allerdings muss das entsprechend ausgeglichen werden. Viele Tarifverträge sehen allerdings deutlich weniger Wochenstunden vor. So liegt die Wochenarbeitszeit in der Metall- und Elektroindustrie zum Beispiel bei 35 Stunden. Es dürfte also nicht einfach werden, eine Ausweitung der Arbeitszeiten einzuführen. Harte Auseinandersetzungen der Tarifpartner wären in einem solchen Fall zu erwarten.
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Längere Arbeitszeiten und werben um Fachkräfte passen nicht zusammen
Weil der Wettbewerb um Fachkräfte in den nächsten Jahren an Intensität zunehmen dürfte, sind den Unternehmen auch ein Stückweit die Hände gebunden, wenn es um Forderungen nach längeren Arbeitszeiten geht. Wer die besten Arbeitskräfte anlocken möchte, muss mit angenehmen Arbeitsbedingungen punkten. Dazu gehören eben auch flexible und nicht zu lange Arbeitszeiten.
Bei der Ausweitung der Arbeitszeit auch gesundheitliche Aspekte beachten
Auch gesundheitliche Aspekte gilt es bei einer Diskussion um längere Arbeitszeiten zu beachten. So sinkt zum Beispiel die Konzentrationsfähigkeit bereits nach vier bis sechs Stunden. Wer mehr als acht Stunden arbeitet, ist zudem einem höheren Risiko ausgesetzt, in Unfälle verwickelt zu werden oder Unfälle zu verursachen. Das sagte Professor Dirk Windemuth vom Institut für Arbeit und Gesundheit von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in einem Interview mit dem MDR.
Der Trend zu mehr Freizeit, einer Betonung der Work-Life-Balance und die sinkende Bedeutung des Gehalts als Motivator und Kriterium bei der Jobauswahl stehen einer Ausweitung der Wochenarbeitszeit ebenfalls entgegen. Statt mehr Zeit für den Arbeitgeber aufzuwenden, möchten vor allem junge Beschäftigte mehr Zeit für die Familie, für ihre Hobbies oder für Reisen nutzen.
Workation und Remote Work in Kombination mit längeren Arbeitszeiten
Eine Möglichkeit, diese auf den ersten Blick gegensätzlichen Aspekte in Einklang zu bringen, können Ansätze wie Workation oder Remote Work sein. Die Beschäftigten können ihre Arbeitsleistung dabei von zu Hause oder von einem beliebigen Ort erbringen. Allerdings ist dies nur in bestimmten Berufen möglich. Jobs, die vor Ort in den Unternehmen angesiedelt sind, wie es zum Beispiel in der Produktion der Fall ist, profitieren davon nicht.
Fazit
Der Vorschlag einer Ausweitung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden dürfte in den meisten Fällen nicht oder nur mit Problemen umsetzbar sein. Der wohl wichtigste Grund dafür ist der Fachkräftemangel, der mit diesem Vorschlag eigentlich gemildert werden soll. Wer nämlich hoch qualifizierte Arbeitskräfte für sein Unternehmen gewinnen möchte, muss mit angenehmen Arbeitsbedingungen aufwarten. Längere Arbeitszeiten gehören sicherlich nicht dazu. Auch steht der Vorschlag im Gegensatz zu aktuellen Trends wie mehr Teilzeitarbeit, einer besseren Work-Life-Balance und dem Wunsch nach Freizeit.
Nicht auszuschließen ist jedoch, dass seine Ausweitung der Arbeitszeit zumindest in bestimmten Branchen oder für bestimmte Jobs eines von mehreren Instrumenten sein kann, um Engpässe auszugleichen. Dann aber muss es zumindest einen vollen Lohnausgleich geben – und vermutlich zusätzliche Anreize, um Akzeptanz zu erhalten.