Schwächt geringe Arbeitszeit den Wirtschaftsstandort Deutschland?

In Deutschland wird im Vergleich zu vielen anderen Ländern weniger gearbeitet – zumindest ist die Arbeitszeit kürzer. Gefährdet das die Wirtschaft und den Wohlstand?
Wirtschaftsleistung und BIP - symbolisiert durch ein Containerschiff

© Kalyakan / Adobe Stock

Schwächt geringe Arbeitszeit den Wirtschaftsstandort Deutschland?

In Deutschland wird im Vergleich zu vielen anderen Ländern weniger gearbeitet – zumindest ist die Arbeitszeit kürzer. Gefährdet das die Wirtschaft und den Wohlstand?

Vergleicht man die Arbeitszeiten deutscher Arbeitnehmer mit denen anderer Nationen, liegt Deutschland auf einem der hinteren Plätze. So rangiert Deutschland zum Beispiel in der aktuellen OECD-Statistik für die pro Jahr geleisteten Arbeitsstunden je Mitarbeiter mit einem Pensum von 1332 Stunden im Jahr 2020 auf dem letzten Platz. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 1687 Stunden pro Mitarbeiter und Jahr. Ganz vorne liegen Kolumbien und Mexiko mit jeweils über 2.100 Stunden.

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Deutsche Arbeitnehmer wünschen sich eine weitere Reduzierung der Arbeitszeit

Wenn es nach dem Wunsch vieler deutscher Arbeitnehmer geht, sollte die Arbeitszeit aber weiter reduziert werden. So lag die durchschnittliche Wunscharbeitszeit im Jahr 2020 bei 32,8 Stunden – der tiefste Wert, seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1985. Der Wert von 32,8 Stunden liegt noch einmal zwei Stunden niedriger als die vom Statistischen Bundesamt errechnete durchschnittliche Wochenstundenzahl pro Arbeitnehmer für das Jahr 2021. Auch die zunehmenden Forderungen nach einer Vier-Stunden-Woche zielen meist darauf ab, die Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche weiter zu reduzieren.

Arbeitszeit alleine ist nicht entscheidend

Doch muss das im internationalen Vergleich geringe Arbeitspensum notwendigerweise zu einer Gefährdung der Wirtschaft und des Wohlstands führen, wie es zum Beispiel das Institut der Deutschen Wirtschaft propagiert? Dort ist von „dramatischen Konsequenzen“ die Rede, wenn das Arbeitszeitvolumen weiter sinkt – sowohl für die Sozialsysteme als auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Aber stimmt das wirklich? Betrachtet man einmal die aktuellen Zahlen, zeigt sich ein etwas anderes Bild. So erzielte Deutschland beispielsweise im Jahr 2021 pro Kopf weltweit das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt (BIP) – direkt hinter den USA. Länder mit einer weitaus höheren Arbeitszeit pro Mitarbeiter und Jahr rangieren mit großem Abstand dahinter.

Die Arbeitszeit alleine ist also nicht der entscheidende Faktor, wenn es um die Wirtschaftsleistung geht. Auch die Produktivität spielt eine wichtige Rolle. Und diese ist in Deutschland aufgrund der modernen Produktions- und Arbeitsbedingungen zumindest derzeit noch deutlich höher als in vielen anderen Ländern. So ist es deutschen Unternehmen möglich, mit einem deutlich geringeren Input an Arbeitsleistung dennoch eine gegenüber Wettbewerbern in anderen Ländern höhere Produktionsleistung zu erbringen.

Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die internationale Konkurrenz aufholt und ihre Produktivität steigert. Bei einem gleichbleibend hohem Arbeitseinsatz wird also die Gesamtleistung dieser Länder steigen. Doch ist davon auszugehen, dass andere Länder einen ähnlichen Weg wie Deutschland beschreiten werden und im Zuge ihrer Produktivitätssteigerung die Arbeitszeiten ebenfalls reduzieren.

Arbeitnehmer geben in Deutschland den Ton an

Klar ist: Die Situation ist aufgrund des Fachkräftemangels eine besondere. Weil qualifizierte Mitarbeiter gefragt sind, sitzen sie am längeren Hebel, was die Gestaltung der Arbeitsbedingungen angeht. Unternehmen müssen im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter Zugeständnisse machen – sie es die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, die Arbeitszeiten zu reduzieren oder die Bezahlung anzuheben.

Den Standort Deutschland wegen seiner geringen Arbeitszeiten schlechtzureden, ist allerdings nicht angebracht und entbehrt faktischer Grundlagen.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.